Secret Service produziert Blamagen in Serie Ahnungslos und Spaß dabei

Der Secret Service stand einmal in einem ähnlichen Ruf so ehrenhaft und zuverlässig zu sein wie die Ritter der Tafelrunde. Die Elite-Garde des Präsidenten war der Stolz der USA. Mit einer unsäglichen Pannenserie liegt das Ansehen der Behörde inzwischen in Schutt und Asche. Eine Spurensuche.

 Die Mitarbeiter des Secret Service haben mit einer Serie von Fehlverhalten ihren guten Ruf verspielt.

Die Mitarbeiter des Secret Service haben mit einer Serie von Fehlverhalten ihren guten Ruf verspielt.

Foto: afp, SAUL LOEB

Der Secret Service erlebt in diesen Wochen ein Desaster. Selbst personelle Änderungen in der Chefetage vermochten die Leibgarde des Präsidenten nicht aus der Schusslinie zu bringen. Seit drei Jahren machen Schlagzeilen über Saufgelage, Bordellbesuche und nun auch offenkundig Unfähigkeit die Runde. Im Kongress heißt es, das Vertrauen des amerikanischen Volkes in den Secret Service sei erschüttert.

Die Kaskade der Peinlichkeiten erlebte am Mittwoch ihren vorläufigen Höhepunkt mit bitter-ironischer Pointe: Gerade erst hatte die amtierende Chefin des Secret Service bei einer unangenehmen Anhörung im Kongress versichert, nie wieder werde so etwas passieren wie am 19. September, als ein offenbar durchgedrehter Kriegsveteran mit einem Messer in der Hand unbehelligt durch das Weiße Haus spazieren konnte. Da stellte wenig später die nächste Meldung den Secret Service bloß.

Ein Blick auf die Berichte der jüngsten Monate offenbart, in welcher Misere sich die einst stolze Garde inzwischen befindet.

 Julia Pierson, Chefin des Secret Service, musste im Kongress unangenehme Fragen zu den Ausfällen ihrer Mitarbeiter beantworten.

Julia Pierson, Chefin des Secret Service, musste im Kongress unangenehme Fragen zu den Ausfällen ihrer Mitarbeiter beantworten.

Foto: afp, jim/kb

September 2014 Omar Gonzalez, ein Veteran aus dem Irakkrieg, klettert am 19. September über den Sicherheitszaun des Weißen Hauses, spaziert durch den Eingang und überwindet mehrere Sicherheitshürden sowie offenbar einen Wachmann. Er durchstreift die Gänge bis zum East Room, eine Etage unter der Privatresidenz der Obamas.

Dass er dem Präsidenten nicht begegnet - Zufall. Er hat ein Klappmesser dabei, im Kofferraum finden Ermittler später 800 Schuss Munition sowie zwei Beile und eine Machete. geklettert und mit einem Klappmesser bewaffnet in das Gebäude gelangt. Er wollte Obama etwas mitteilen, sagte er nach seiner Festnahme aus. "Warum haben ihn die Hunde nicht gestoppt? Was ist mit der Spezialeinheit?", poltert später der republikanische Abgeordnete Darrell Issa.

September 2014 Nur wenige Tage zuvor lässt der Secret Service den Präsidenten mit einem bewaffneten Straftäter Aufzug fahren. Der Vorfall ereignet sich in einem Gebäude der Seuchenschutzbehörde CDC in Atlanta. Der Mann ist dort als Sicherheitsbeamter eingestellt. Erst als er beginnt, Obama mit der Kamera zu filmen und sich weigert, damit aufzuhören, registrieren die Leibwächter, mit wem sie es zu tun haben.

März 2014 Mitarbeiter des Counter Defense Team geraten ins Kreuzfeuer: Eigentlich hat die Eliteeinheit die Aufgabe, den Präsidenten zu beschützen, wenn er oder seine Fahrzeugkolonne angegriffen werden, Insider sprechen von ihnen als "letzte Verteidigungslinie". Deren Widerstand im Amsterdamer Hotel erweist sich aber als kümmerlich: Ein Leibwächter wird sturztrunken in der Hotellobby aufgefunden, er und zwei Kollegen dürfen nach Hause fahren.

April 2012 Noch pikanter der Vorfall im kolumbianischen Cartagena, zwei Tage vor dem Beginn eines Gipfeltreffens: Kaum eingetroffen, schwärmten die Bodyguards zu einem Ausflug ins Nachtleben aus. Im "Pley Club" vergnügten sie sich mit Stripperinnen, sollen teuren Whisky getrunken und später 21 Prostituierte zum Orgienfeiern ins Hotel bestellt haben. Am Morgen danach erwiesen sie sich auch noch als kleinlich und zankten um die Bezahlung eines Callgirls, es gab Streit, der Hotelmanager rief die Polizei, die Kontroverse wurde publik.

November 2011 Ein Unbekannter schießt mit einer halbautomatischen Waffe auf das Weiße Haus, ohne dass die diensthabenden Agenten etwas davon mitbekommen. Sie hielten den Krach für Baulärm. Erst vier Tage später dämmert es den Sicherheitskräften, weil eine Haushälterin Glasscherben auf einem Balkon gefunden hatte. Wie nun die Washington Post berichtet, war die First Lady so wütend auf den Secret Service, dass ihre erregte Stimme der First Lady durch eine geschlossene Tür zu hören war.

Der Neuaufbau ist gefloppt

Nach der ausschweifenden Party in Cartagena rollten Köpfe. Im März 2013 installierte Obama Julia Pierson als erste Frau an der Spitze des Secret Service. Sie sollte aufräumen mit dem Haufen und galt als genau die richtige Besetzung für diese Aufgabe. Die Bilanz nach knapp anderthalb Jahren auf ihrem Posten kann die 55-Jährige nun aber kaum zufriedenstellen.

Pierson räumte ein, dass der Secret Service seinen "Teil an Herausforderungen" gehabt habe. In den kommenden Monaten wolle sie ihre Bemühungen verstärken, um den Dienst "auf ein Leistungsniveau zu bringen, das der entscheidenden Mission gerecht wird, die wir ausfüllen", versicherte sie am Dienstag in der Anhörung im Kongress.

Eine Aufgabe ist der Secret Service los

Inzwischen ist sie schon selbst in die Schusslinie geraten. Aus den Reihen der Republikaner wird bereits ihre Ablösung verlangt. Der ehemalige Agent Daniel Bongino wirft ihr vor, sie habe den Secret Service verwahrlosen lassen, die Moral der Kollegen sei am Boden. Außerdem attestiert er ihr Führungsschwäche.

Zumindest erste Entscheidungen im Sinne der Sicherheit des Präsidenten hat Pierson inzwischen getroffen. Wie sie im Kongress mitteilte, fällt die Tür im Haupteingangsbereich nun voll automatisch ins Schloss. Zuvor musste dieser Eingang von einem Mitarbeiter händisch abgeschlossen werden.

(pst)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort