US-Regierung mehrfach auf der Anklagebank Barack Obama im Skandalgewitter

Entzaubert ist Obama schon lange. Jetzt wird er gleich serienweise mit Skandalen konfrontiert. Ausgerechnet der Erneuerer Obama steht nun da wie ein Vertuscher. Die Republikaner frohlocken. Eine derart schwere Krise hat Obama in seiner Präsidentschaft noch nicht erlebt.

Barack Obamas schwierige Reden
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Innerhalb weniger Tage geriet der US-Präsident in einen Strudel von Skandalen und Affären. Derzeit steht er vor allem wegen drei Dingen in der Kritik: Erstens wegen ausspionierter Telefondaten von US-Journalisten, Zweitens, weil politischen Gegner gezielt von Steuerbehörden verfolgt wurden. Drittens weil seine Regierung angeblich verschwiegen hatte, dass es sich beim tödlichen Anschlag auf den US-Botschafter in Bengasi um Terror gehandelt hat.

Der Präsident wirkt hilflos

Die Vorwürfe kommen zur Unzeit. Sie treffen den Präsidenten besonders hart, weil in der Öffentlichkeit bereits wegen einer Serie von Misserfolgen als ohnmächtig dasteht. In den vergangenen Wochen hat Obama eine ganze Reihe von Pleiten angehäuft. Die Verschärfung des Waffenrechts - gescheitert. Der Abbau des Defizits - gescheitert. Eine Reform des Einwanderungsrechts - derzeit im US-Kongress ohne Obamas Einfluss. Die Drohung mit einer roten Linie im Syrienkonflikt - folgenlos.

Die New York Times beschrieb Obama daraufhin als "frustrierten Zeugen der Geschichte."

Extreme Fallhöhe

Doch dass nun auch noch Skandale hinzukommen, die Obama dastehen lassen als einen, der mit Verschwörern und intriganten Strippenziehern zu tun hat, lässt die Dinge für ihn gefährlich werden, auch wenn er nicht unmittelbar Adressat der Vorwürfe ist, sondern Steuerbehörden und Justizressort. Doch am Ende der Verantwortungskette steht nun mal der Präsident.

Die Fallhöhe ist beachtlich. Ausgerechnet Obama, der Demokrat der alles anders machen wollte und ein Loblied auf die Transparenz sang. Vor allem die Steueraffäre und der Journalistenskandal lassen auch Liberale an ihm zweifeln. Beide Skandale haben erhebliches Potenzial, sich zu echten Krisen auszuwachsen. Es geht um Pressefreiheit und Steuern - zwei hochbrisante Themen, bei denen die ohnehin auf Total-Konfrontation eingestellten Republikaner nicht locker lassen werden.

Obama übt sich in Empörung

Angesichts des erheblichen Drucks reagierte Obama am Mittwoch empört auf die Berichte über gezielte Überprüfungen von Oppositionsgruppen wie die Tea-Party-Bewegung durch die Steuerbehörde IRS. In einer Erklärung sagte er, die Behörde müsse das Gesetz "fair und unparteiisch" anwenden und ihre Mitarbeiter müssten mit größter Integrität handeln.

Die Vorgänge seien "inakzeptabel und unentschuldbar". Obama sagte, er habe Finanzminister Jacob Lew angewiesen, die Verantwortlichen des Steuer-Skandals zur Rechenschaft zu ziehen. Solch ein Verhalten dürfe sich nicht wiederholen. Er erwarte, dass jeder, der für die Regierung arbeite, die höchsten ethischen und moralischen Standards erfülle - das verlange auch das amerikanische Volk.

Justizminister nimm im Ausschuss Stellung

Auch der geheime Staatszugriff auf Telefondaten der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) sorgt weiter für Proteste. An diesem Mittwoch nimmt US-Justizminister Eric Holder im Kongressausschuss zu beiden Skandalen Stellung. Die Sitzung des Justizausschusses im Repräsentantenhaus beginnt um 19.00 Uhr MESZ.

Zur Sammlung von Telefondaten äußerte er sich Obama bisher nicht persönlich. Sein Sprecher Carney sagte aber, niemand im Weißen Haus sei darin verwickelt. Wegen laufender strafrechtlicher Ermittlungen könne er keinen weiteren Kommentar abgeben. Er sagte lediglich, Obama sei ein Verfechter der Pressefreiheit.

"Echos von Watergate"

Die "Washington Post" sprach in einem Kommentar bereits von "Echos von Watergate" - mit Blick auf die "schmutzigen Tricks" des damaligen Präsidenten Richard Nixon, der in den 70er Jahren zurücktrat, um einer drohenden Amtsenthebung zuvorzukommen. Regierungssprecher Jay Carney wies dies wütend mit den Worten zurück: "Leute, die solche Vergleiche ziehen, müssen ihr Geschichtsverständnis hinterfragen."

Pressefreiheit gilt in den USA als besonders hohes Gut - das Ausspionieren der Telefondaten von Reportern löste daher eine Welle der Empörung aus. Nach Angaben von AP - einer der größten Nachrichtenagenturen der Welt - wurden Anruflisten von 20 Telefonanschlüssen ausspioniert. Mehr als 100 Journalisten seien betroffen. Holder bestätigte einen Zugriff. Er sprach zugleich von einem "sehr, sehr ernsthaften" Geheimnisverrat an die Medien. Dieser habe untersucht werden müssen. Er betonte, die Untersuchung nicht selbst angeordnet zu haben.

Auch europäische Nachrichtenagenturen äußerten sich empört. Es handle sich um eine "ernsthafte Verletzung der Pressefreiheit", erklärte die European Alliance of News Agencies (EANA) in einer Stellungnahme.

(dpa/pst/jco)
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