Präsidentenwahl in Tunesien Tunesien steuert auf eine Stichwahl zu

Tunis · Erste freie Präsidentenwahl in Tunesien. Der säkulare Kandidat Béji Caïd Essebsi kann nach Angaben seiner Partei Nidaa Tounes mit den meisten Stimmen rechnen. Sein Wahlkampfleiter sprach am Sonntag in Tunis von einem deutlichen Vorsprung. Doch für die absolute Mehrheit dürfte es nicht reichen.

 Der säkulare Kandidat Béji Caïd Essebsi gilt als Hauptfavorit bei der Präsidentenwahl in Tunesien.

Der säkulare Kandidat Béji Caïd Essebsi gilt als Hauptfavorit bei der Präsidentenwahl in Tunesien.

Foto: dpa, moh sh

Die erste freie Präsidentenwahl in Tunesien nach dem Umsturz geht voraussichtlich in die zweite Runde. Der säkulare Politikveteran Béji Caïd Essebsi hatte nach Angaben seiner Partei Nidaa Tounes am Sonntag zwar einen deutlichen Vorsprung vor den anderen Bewerbern. Er verfehlte jedoch laut ersten Prognosen die absolute Mehrheit. Sein härtester Konkurrent war Übergangsstaatschef Moncef Marzouki.

Damit wird eine Stichwahl am 28. Dezember zwischen Essebsi und Marzouki immer wahrscheinlicher. Vier Jahre nach der Jasminrevolution war es das erste Mal, dass die Tunesier demokratisch und direkt ihren Staatschef wählen durften.

Der staatliche Fernsehsender Tunisia 1 blendete während einer Wahlsendung Prognosen ein, wonach der 87-jährige Essebsi auf fast 48 Prozent kommt. Marzouki lag demnach bei knapp 27 Prozent. Andere Umfragen sehen einen geringeren Abstand zwischen beiden Kandidaten.

Die Präsidentenwahl soll den Weg Tunesiens in die Demokratie abschließen. Die Massen wurden jedoch nicht mobilisiert. Am späten Nachmittag hatten nach Angaben der Wahlkommission Isie gut 50 Prozent der registrierten Wähler ihre Stimme abgegeben. Am Abend wurden die Stimmen noch ausgezählt.

Insgesamt waren mehr als fünf Millionen registrierte Wahlberechtigte aufgerufen, über 27 Kandidaten abzustimmen. Die islamistische Ennahda hatte keinen Kandidaten ins Rennen geschickt, um das Land nicht weiter zu spalten, wie die Partei erklärte.

Tunesische Wahlbeobachter berichteten vereinzelt von Stimmenkäufen und anderen Versuchen, Wähler zu beeinflussen. Aus europäischen Wahlbeobachterkreisen hieß es, dass die Abläufe etwas besser als bei der Parlamentswahl vor einem Monat gewesen seien.

Der Leiter der Abteilung Nahost und Nordafrika des Internationalen Republikanischen Instituts (IRI) und Wahlbeobachter Scott Mastic sagte der Deutschen Presse-Agentur, der Tag sei im positiven Sinne "ereignislos" gewesen. "Ich hätte mir allerdings mehr Enthusiasmus der Wähler gewünscht."

In einigen Gebieten nahe der Grenze zu Algerien gab es wegen der schwierigen Sicherheitslage Verzögerungen. Die Grenze zum Krisenland Libyen wurde bereits vorab gesperrt. Landesweit sicherten 100 000 Polizisten und Soldaten die Abstimmung in dem nordafrikanischen Land gegen Terroranschläge ab.

Tunesien ist das Geburtsland des Arabischen Frühlings. Nach dem Sturz des Langzeitherrschers Zine El Abidine Ben Ali Anfang 2011 begannen auch in Ägypten, Libyen, Syrien und anderen Ländern Massenproteste.
Auf dem Weg zur Demokratie ist Tunesien seitdem am weitesten vorangekommen.

(dpa)
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