Türkischer Ministerpräsident Binali Yildirim "Berlin muss sich zwischen Türkei und Putschisten entscheiden"

Istanbul · Die Stimmung zwischen Berlin und Ankara ist aufgeheizt: Nicht nur das Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete in Incirlik belastet die Beziehungen. Auch das Thema Asyl, das türkischen Soldaten in Deutschland gewährt wurde ist noch längst nicht geklärt.

 Binali Yildirim bei seiner Rede vor AKP-Mitgliedern.

Binali Yildirim bei seiner Rede vor AKP-Mitgliedern.

Foto: afp, ADEM

Ministerpräsident Binali Yildirim forderte Deutschland am Dienstag auf, sich zwischen der Freundschaft zur Türkei und der Unterstützung von Putschisten zu entscheiden. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) wies die Kritik der türkischen Seite an den Asylentscheidungen zurück.

Yildirim kritisierte bei einer im Fernsehen übertragenen Fraktionssitzung der Regierungspartei AKP, dass Deutschland mehreren türkischen Soldaten Asyl gewährt hat, die von der Türkei wegen ihrer mutmaßlichen Verwicklung in den Umsturzversuch vom 15. Juli gesucht werden. In der Türkei wird die Bewegung Fethullah Gülens für den gescheiterten Militärputsch vom Juli 2016 verantwortlich gemacht.

"Deutschland muss sich entscheiden: Wenn es seine Beziehungen zur Türkei weiter verbessern will, (...) muss es sich der Türkischen Republik zuwenden und nicht den Separatisten" der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) oder den Gülen-Anhängern, sagte Yildirim. Ankara beschuldigt Deutschland seit Monaten, PKK-Sympathisanten und Gülen-Anhängern Zuflucht zu gewähren.

Kauder wies die Kritik "ausdrücklich" zurück. Asylanträge würden in Deutschland in einem klar festgelegten rechtsstaatlichen Verfahren gestellt und entschieden, sagte er. "Und an diesem rechtsstaatlichen Verfahren gibt es keine wirklich begründete Kritik."

Offenbar als Reaktion auf das gewährte Asyl für mehrere türkische Soldaten hatte Ankara einer Delegation des Bundestags einen Besuch bei den auf dem südtürkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik stationierten Bundeswehrsoldaten verweigert. Dies stieß in der Bundesregierung auf scharfe Kritik. Es wird nun ein Abzug der Soldaten aus Incirlik erwogen.

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages, Wolfgang Hellmich (SPD), hält einen Abzug aus Incirlik für zwingend. Er verwies auf eine Protokollnotiz zum Mandatsbeschluss des Bundestages, in der ein Besuchsrecht für deutsche Abgeordnete für unabdingbar erklärt werde. "Das heißt im Umkehrschluss, dass wir unsere Soldaten verlegen müssen", sagte Hellmich dem Bayerischen Rundfunk.

Er forderte, umgehend die Verlegung der Soldaten an einen Alternativstandort vorzubereiten. Favorisiert werde dabei ein Stützpunkt in Jordanien. "Ich gehe davon aus, dass wir binnen zwei Wochen mit Ergebnissen, die entscheidungsreif sind, rechnen können", sagte Hellmich.

Das Besuchsverbot sei "nicht akzeptabel", sagte Kauder. "Die Bundesregierung wird dies bei den Nato-Gremien zur Sprache bringen." Es sei zudem richtig, dass jetzt nach einer Alternative für die Stationierung der deutschen Soldaten in Incirlik gesucht werde. Deutschland beteiligt sich von Incirlik aus mit Aufklärungs-Tornados und Tankflugzeugen am Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).

(AFP)
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