Herman Cain windet sich Bis auf die Knochen

Düsseldorf · Wer dem Wahlkampf der US-Republikaner folgt, dem kann beim Blick auf die Zukunft der USA angst und bange werden. Eine Peinlichkeit reiht sich an die andere. Ahnungslosigkeit paart sich mit Größenwahn. Herman Cain bestätigt nun in einem Interview alle Vorurteile – und blamiert sich bis auf die Knochen. Doch selbst damit ist er noch nicht aus dem Rennen.

Die Aussetzer werden im Wahlkampf der US-Republikaner zur Regel. Erst verglich die sich auserwählt wähnende Michele Bachmann den Hurrikan mit einem Zeichen Gottes. Dann war der neue Hoffnungsträger Rick Perry nicht in der Lage, sich drei Ministerien zu merken. Und nun versucht der dritte neue Hoffnungsträger, Herman Cain, seine Ahnungslosigkeit in der Außenpolitik mit rhetorischen Tricks zu überspielen.

Die beherrscht er nämlich in der Regel. Cain – ehemals Chef einer Pizza-Kette - hat sich in den vergangenen Tagen sein Geld als Motivations- und Rhetorik -Trainer verdient. Seine Reden sind immer unterhaltsam, einprägsam und mit markanten Slogans gespickt. Nicht zuletzt deshalb hat er so viele Anhänger unter den Wählern der Republikaner gefunden.

Eine Katastrophen-Spirale

Was sich Cain aber nun im Interview mit der US-Zeitung "Milwaukee Journal Sentinel" spottet jeder Beschreibung. Vor laufender Kamera demonstrierte er Ahnungslosigkeit. Der Versuch, den blinden Fleck zu überspielen, machte die Sache nur noch schlimmer.

Ob er denn die Libyen-Politik von US-Präsident Barack Obama befürworte, wollte der Journalist der Tageszeitung wissen. Die Kamera hielt unerbittlich drauf auf den Bewerber für das Weiße Haus. Das Video wurde im Internet veröffentlicht.

14 Sekunden Schweigen

"Ok, Libyen", sagte Cain zunächst. Und schwieg. Zumindest verbal. Seine Mimik sprach jedoch Bände. Die Augenbrauen zucken nervös, Cain schaut noch oben an die Decke, lehnt sich zurück, dann wieder vor, schiebt eine Wasserflasche auf dem Tisch vor ihm zur Seite.

Im Comic hätte der Republikaner eine große, leere Denkblase über dem Kopf stehen. Aus jeder Pore ist ihm anzumerken, wie unangenehm die Situation für ihn ist. Zumal sie mit jeder Sekunde schlimmer wird. 14 Sekunden dauert es, bis Cain zu einer Antwort ansetzt. Gefühlt sind es Stunden. Es ist das große Schweigen, wovor Rhetorik-Trainer Politiker immer warnen.

Cain lächelt verlegen

Endlich spricht Cain. Auch das quälend langsam. Jedes Wort ist sorgsam gewählt, dazwischen setzt er neue Pausen. "Präsident Obama --- hat --- den Aufstand unterstützt." Cain ist sich nicht sicher. "Das ist doch so?", fragt er. Er wolle sich nur versichern, dass man über dasselbe spreche, sagt er. Und lächelt dem Reporter zu. So als ob die Frage Raum ließe für vielschichtige Interpretationen.

Doch das ist nicht das Ende der Peinlichkeiten. Im Gegenteil: Cain reitet sich immer weiter hinein in den Schlamassel. Man sieht wie es in ihm arbeitet. Er ist gezwungen zu einer Antwort. Schließlich ist er keiner aus der Piratenpartei, bei der man auch mal offen und frei seine Ahnungslosigkeit eingestehen darf.

Das Internet ist gnadenlos

Cain schaut wieder an die Decke, setzt an zu sprechen. Nach einem "Ähm" signalisiert er Entschlossenheit. Mit festen Worten sagt er, er lehne Obamas Politik ab und zwar aus folgendem Grund. Es folgt ein "Ähm", dann schweigt er erneut. Und winkt ab. "Nein, da habe er sich vertan. Cain rückt umständlich den Stuhl zurück, schlägt die Beine übereinander. Wieder vergehen Sekunden. Stammelei. "Ich muss noch mal zurück, ähm..."

Das fünfminütige Video verbreitete sich in Windeseile über den Kurznachrichtendienst Twitter im Internet. Nach Perry wird nun Cain zum Ziel von Hohn und Spott. Wie ein Student in einer Prüfung, amüsiert sich einer der zahlreichen Kommentatoren. Aber auch Besorgnis ist zu registrieren. "Das wäre eine guter Scherz, aber dafür ist die Sache viel zu ernst", schreibt ein User.

Inkompetenz als Empfehlung

Vielleicht hat er im Hinterkopf, dass sich damit Cains Zukunft als potenzieller Präsidentschaftskandidat noch nicht erledigt hat. Dass er kein Interesse an außenpolitischen Themen hat, stellte er in seinem Wahlkampf bisher wie eine Empfehlung in den Vordergrund.

"Wer ist der Präsident von Usbeki-beki-beki-beki-stan-stan? Ich sage Ihnen, ich weiß es nicht. Wissen Sie es?", ließ er vor wenigen Wochen einen US-Sender wissen. Wenn er Präsident sei, werde er ihn schon noch kennenlernen. Es hat ihm in den Umfragen nicht geschadet.

Cain hat hingegen vielmehr die Folgen seiner Sex-Affäre zu fürchten. Mehrere Frauen werfen ihm vor, sie sexuell belästigt zu haben. Bei den streng-christlichen US-Konservativen hat ihn das bereits Sympathien gekostet. Zuvor lag er noch in den Umfragen vor dem aalglatten Top-Favoriten Mitt Romney.

(pst)
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