Skandal um Obamas Leibwächter Bodyguards, Callgirls und ein politisches Nachspiel

Washington · In Kolumbien haben sich Personenschützer des amerikanischen Präsidenten mit Prostituierten eingelassen. Nach und nach werden Einzelheiten bekannt, es ist eine der größten Blamagen in der Geschichte des Secret Service.

 US-Präsident Obama mit Beamten des Secret Service auf dem Flughafen in Tampa, Florida.

US-Präsident Obama mit Beamten des Secret Service auf dem Flughafen in Tampa, Florida.

Foto: afp, SAUL LOEB

Anfangs war von fünf faulen Äpfeln im blühenden Obstgarten des Secret Service die Rede, jetzt sind es schon elf. Und niemand wagt sich zu prophezeien, welche Kreise die Affäre noch ziehen wird. Mindestens elf Angehörige der Elitetruppe — Leibwächter, Sprengstoffexperten und Scharfschützen — haben sich bei einem Auslandseinsatz in Kolumbien mit Prostituierten eingelassen, hinterher über die Bezahlung gestritten und damit heftigen Wirbel ausgelöst.

Zehn US-Soldaten komplettieren die Runde, von 21 Callgirls ist inzwischen die Rede, aber auch das muss noch nicht der letzte Stand sein. Auf jeden Fall ist es eine der größten Blamagen in der Geschichte des amerikanischen Personenschutzes.

Tatort: Amerikagipfel in Kolumbien

Es geschah vergangene Woche, kurz bevor Barack Obama anreiste, um an einem Amerikagipfel teilzunehmen. Eine Zeit lang gab sich das Weiße Haus große Mühe, die Sache niedrig zu hängen. Nun aber haben alarmierte Abgeordnete parlamentarische Untersuchungen angekündigt: Nicht weniger als vier Kongressausschüsse sollen dem Skandal auf den Grund gehen.

Den Tenor gibt Susan Collins vor, eine Republikanerin alter Schule, politisch eher in der Mitte angesiedelt. "Wer waren diese Frauen?", will die Senatorin aus Maine wissen. "Könnten sie mit Gruppen verbandelt sein, die den Vereinigten Staaten feindlich gesinnt sind? Könnten sie Wanzen platziert, Waffen manipuliert haben?" Die Thesen überschlagen sich, die Fantasie kennt keine Grenzen. Drogenschmuggler oder gar Terrornetzwerke, lautet eine Theorie, könnten die Mädchen als Lockvögel benutzt haben.

Was sich genau zutrug in Cartagena, kommt erst nach und nach ans Tageslicht. Mitte voriger Woche war ein Vorauskommando aus Washington eingeflogen, um die Sicherheitsvorkehrungen der Organisatoren zu überprüfen. Das Procedere entsprach den ungeschriebenen Gesetzen, denen die muskulösen Männer mit dem Knopf im Ohr überall folgen.

Nirgends überlässt es der Secret Service allein den Gastgebern, für die Sicherheit des amerikanischen Präsidenten zu sorgen. Kaum eingetroffen, schwärmten die Bodyguards zu einem Ausflug ins Nachtleben der Küstenstadt aus. Im "Pley Club", wo Stripperinnen tanzen, sollen sie teuren Whisky getrunken und Dirnen auf ihre Hotelzimmer bestellt haben.

Am Morgen danach wollte ein Freier angeblich nur 30 Dollar zahlen, statt der 250, die eines der Callgirls von ihm verlangte. Es folgte ein heftiger, lautstarker Streit. Der Hotelmanager rief die Polizei, die Kontroverse wurde publik.

"Wir haben den Boss im Stich gelassen"

In Washington war es der Stabschef der Streitkräfte, der als Erster deutliche Worte fand. "Wir haben den Boss im Stich gelassen", sagte der General Martin Dempsey. Denn niemand rede mehr darüber, was die Konferenz in Kolumbien an politischer Substanz brachte, es gehe nur noch um den "Zwischenfall". Obama dagegen reagierte so, wie man es von ihm kennt, als kühler Krisenmanager, der von verbalen Schnellschüssen nichts hält. Falls sich bewahrheite, was die Zeitungen schrieben, dann sei er tatsächlich verärgert, ließ er seinen Sprecher Jay Carney ausrichten.

Wahrscheinlich muss demnächst der Direktor des Secret Service seinen Hut nehmen, auch wenn ihm das Oval Office vorläufig noch das Vertrauen ausspricht. Es ist nicht das erste Mal, dass sich Mark Sullivan, seit sechs Jahren auf dem Chefposten, für eine Peinlichkeit entschuldigen muss.

Bereits 2009 hatte er im Kreuzfeuer der Kritik gestanden. Damals war es einem Hochstaplerpaar, Tareq und Michaele Salahi, gelungen, sich bei einem Galadiner ins Weiße Haus einzuschleichen, sämtliche Kontrolleure überlistend. Und das bei einem Präsidenten, der angesichts diffuser Morddrohungen weißer Rassisten einen breiteren Sicherheitskordon um sich herum dulden muss, als es bei all seinen Vorgängern der Fall war.

Und nun Cartagena. Sullivan, weiß der Abgeordnete Pete King zu berichten, ist im Moment ein "sehr, sehr zorniger Mann".

(RP/felt/csr/csi)
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