Korruptionsaffären in Brasilien Übergangsregierung verliert dritten Minister in fünf Wochen

Brasília · Die Übergangsregierung in Brasilien kommt nicht zur Ruhe. Nicht mal fünf Wochen nach dem Amtsantritt von Interimpräsidenten Michel Temer ist ein drittes Mitglied seines Kabinetts zurückgetreten.

 Ein Demonstrant trägt eine Maske mit dem Konterfei des zurückgetretenen Ministers.

Ein Demonstrant trägt eine Maske mit dem Konterfei des zurückgetretenen Ministers.

Foto: ap, JA SL

Tourismusminister Henrique Eduardo Alves zog am Donnerstag damit Konsequenzen aus jüngsten Korruptionsvorwürfen eines früheren Managers des halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras. Der Ex- Chef der Petrobras-Tochter Transpetro, Sérgio Machado, hatte sogar Staatschef Temer selbst der Korruption bezichtigt.

Machados Aussagen vor den Ermittlern waren am Vortag ans Licht gekommen. Demnach soll Temer 2012 um Spenden für den Wahlkampf des damaligen Kandidaten seiner Partei PMDB für das Bürgermeisteramt von São Paulo gebeten zu haben. Temer bestritt die Anschuldigungen. Machado, der selbst unter Korruptionsverdacht steht, nannte die Namen von rund 20 Politikern in Verbindung mit Korruptionspraktiken.

Nach einem Bericht des Nachrichtenportals "Globo" müsse nun die Staatsanwaltschaft prüfen, ob Ermittlungen gegen Temer aufgenommen werden können. Gleichzeitig hielt "Globo" den Schritt für unwahrscheinlich. Temer hatte im Mai nach der Suspendierung von Staatschefin Dilma Rousseff das Präsidentenamt übergangsweise übernommen. Gegen Rousseff läuft ein Amtsenthebungsverfahren.

Ende Mai war bereits Temers erster Planungsminister Romero Jucá nur wenige Tage nach seinem Amtsantritt zurückgetreten. In einem den Medien zugespielten Mitschnitt eines vertraulichen Gesprächs war bekannt geworden, wie Jucá noch vor seiner Amtsübernahme Korruptionsermittlungen der Polizei stoppen wollte. Wegen des Abhörskandals musste kurz danach auch Transparenz-Minister Fabiano Silveira seine Koffer packen.

Das Land mit der bislang siebtgrößten Volkswirtschaft der Welt wird seit Monaten von einer beispiellosen politischen Krise erschüttert - und dies kurz vor den Olympischen Spielen vom August in Rio de Janeiro. Staatschefin Rousseff soll wegen Tricksereien bei den Haushaltszahlen noch in diesem Jahr ihres Amtes enthoben werden, auch der Parlamentspräsident und Rousseff-Rivale Eduardo Cunha ist aber wegen Korruptionsermittlungen suspendiert.

In der Krise nimmt die Petrobras-Affäre einen prominenten Platz ein.
Bei den seit über zwei Jahren laufenden Ermittlungen (Operation "Lava Jato") wurde ein über Jahre gestricktes Korruptionsnetz beim staatlich kontrollierten Ölkonzern aufgedeckt. Derzeit wird gegen mehr als 50 Politiker ermittelt.

(felt/dpa)
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