Zeitungsbericht Britische Folterlager nach dem Zweiten Weltkrieg

London (rpo). Dem Bericht der britischen Zeitung "Guardian" zufolge hat Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg im niedersächsischen Bad Nenndorf systematisch Folterungen betrieben. In einem Gefangenenlager sollen die Gefangene auch dem Hungertod preisgegeben worden sein. Der "Guardian" beruft sich auf Dokumente, die kürzlich auf Grund des Informationsfreiheitsgesetzes freigegeben wurden.

Untersuchungsmaterial: Briten foltern im Irak
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Foto: AP

In den Dokumenten wird das Schicksal von einigen der dort inhaftierten 372 Männer und 44 Frauen geschildert. Viele der Lagerinsassen seien ehemalige Mitglieder der NSDAP oder der SS gewesen, schrieb die Zeitung. Sie seien inhaftiert worden, um mögliche Aufstände gegen die Besatzungstruppen zu verhindern. Unter den Gefangenen seien aber auch Geschäftsleute und Industrielle gewesen, die von der NS-Diktatur profitiert hätten.

Die Dokumente enthalten die Ermittlungsergebnisse eines Inspektors von Scotland Yard, Tom Hayward, der für die britische Militärregierung in Deutschland einen Bericht verfasste. In einem Fall geht es um den Tod eines der Lagerinsassen, Walter Bergmann. Der Mann habe sich den Briten als Informant angeboten, sei ihnen aber verdächtig vorgekommen, weil er Russisch gesprochen habe, und inhaftiert worden. Hayward kommt in dem Bericht zu dem Schluss, dass Bergmann in dem Lager offenkundig an Unterernährung und fehlender medizinischer Betreuung gestorben sei. Der Ermittler betonte, dass gegen Bergmann nichts vorgelegen habe und dass er im Gegenteil den Briten seine Dienste angeboten habe.

Anklage

Gefangene hätten Hayward berichtet, dass sie bei Verhören ausgepeitscht und geschlagen worden seien, schrieb der "Guardian" unter Berufung auf die Dokumente. Zunächst habe er die Vorwürfe gar nicht glauben können, hieß es in Haywards Bericht. Bei näherer Untersuchung habe er jedoch feststellen müssen, dass die Häftlinge systematisch geschlagen und extremer Kälte ausgesetzt worden seien. Einige habe man verhungern lassen. Ferner seien Gefangene mit Instrumenten gefoltert worden, die die Briten in einem Gefängnis der Gestapo in Hamburg sichergestellt hätten.

Haywards Untersuchungsbericht führte dem "Guardian" zufolge zur Anklage von drei Männern vor einem Kriegsgericht. Zwei von ihnen seien freigesprochen worden, der dritte sei wegen Vernachlässigung von Gefangenen aus den Diensten der Streitkräfte entlassen worden.

(ap)
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