Vor Merkel-Reise CDU-Außenpolitiker für EU-Beitritt der Türkei

Berlin (RPO). Unmittelbar vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Türkei wirbt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (beide CDU) für einen EU-Beitritt des Landes - und stellt sich damit gegen die Kanzlerin.

 Ruprecht Polenz ist Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag.

Ruprecht Polenz ist Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag.

Foto: ddp

Berlin (RPO). Unmittelbar vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Türkei wirbt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (beide CDU) für einen EU-Beitritt des Landes - und stellt sich damit gegen die Kanzlerin.

"Es wäre besser, die Türkei in der Europäischen Union zu haben - aber nur eine Türkei, die die EU-Kriterien erfüllt, nicht nur nach Buchstaben, sondern in Wort und Tat", sagte Polenz dem Berliner "Tagesspiegel" laut Vorabbericht. Merkel strebt dagegen eine "privilegierte Partnerschaft" für die Türkei an.

Polenz sagte dazu, Merkel fahre nicht als Parteivorsitzende, sondern als Kanzlerin in die Türkei. "Im Koalitionsvertrag haben wir eine ganz klare Absprache zum türkischen EU-Beitritt: Deutschland verhält sich dazu ergebnisoffen - abhängig von den Fortschritten der Türkei der Kopenhagener Kriterien", fügte er hinzu.

Der CDU-Politiker forderte darüber hinaus Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zum Einlenken im Streit um schärfere Sanktionen gegen den Iran auf. Es sei wichtig, die Türkei davon zu überzeugen, gemeinsam mit der EU, Russland, China und den USA eine Haltung zum iranischen Atomprogramm zu finden, die Teheran klare Grenzen aufzeige. "Dazu gehören auch Sanktionen", sagte Polenz.

Wirtschaft fordert Annäherung

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) lobte die guten Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und der Türkei. DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann sagte der "Berliner Zeitung" laut Vorabbericht, wirtschaftlich gehöre die Türkei bereits zu Europa. "Die Wirtschaft braucht offene Märkte und tatsächlich ist die Türkei durch die Zollunion mit der EU wirtschaftlich schon weiter integriert, als allgemein wahrgenommen wird", betonte er. "Wichtig wären substanzielle Reiseerleichterungen für unsere türkischen Partner." Es sei der Geschäftswelt schwer zu vermitteln, wenn Visa nur auf Basis einer Einladung erteilt werden.

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) plädierte für eine "emotionsfreie Diskussion" über die Beitrittsverhandlungen. Die Türkei sei als Zielmarkt deutscher Exporte wichtiger als Japan, betonte BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf im "Handelsblatt".

Der iranischstämmige FDP-Bundestagsabgeordnete Bijan Djir-Sarai aus dem Rhein-Kreis Neuss unterstreicht zwar die Bedeutung der Türkei als Absatzmarkt, die EU habe aber intern genügend Probleme zu lösen, bevor sie weitere Mitglieder vertragen könnte. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan lehnte in einem "Spiegel"-Interview Merkels Forderung nach einer Prüfung weiterer Sanktionen gegen den Iran ab. Die bisher verhängten Sanktionen gegen Teheran seien wirkungslos geblieben. Indirekt kämen weiterhin Waren aus den USA und aus Deutschland in den Iran. Erdogan, seit 2009 Ehrenbürger Teherans, betonte, der Iran besitze — anders als Israel und andere Staaten, die Härte forderten — keine Atomwaffen.

Erdogan bestritt in dem Interview zudem, dass es sich bei den Massakern an den Armeniern vor rund 100 Jahren um Völkermord gehandelt habe. Merkel will die Beziehungen zu Armenien bei ihrem Besuch ansprechen, wie aus Regierungskreisen verlautete.

(DDP/sdr)
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