US-Krankenversicherung Chefs können Angestellten Verhütungsmittel streichen

Washington · Der Oberste Gerichtshof der USA hat Präsident Barack Obama bei einem besonders umstrittenen Teil seiner Gesundheitsreform eine Niederlage beschert: Arbeitgeber dürfen aus "religiösen Gründen" Verhütungsmittel aus der Krankenversicherung ihrer Angestellten streichen.

 Einige Christen setzten die Verwendung von Kondomen mit Abtreibung gleich.

Einige Christen setzten die Verwendung von Kondomen mit Abtreibung gleich.

Foto: dpa, Oliver Berg

Wie so oft bei gesellschaftspolitisch heiklen Fragen zeigte sich das neunköpfige Richtergremium des Supreme Courts gespalten in ein konservatives und ein linksliberales Lager. Geklagt hatte federführend die Heimwerker- und Geschenkartikelkette Hobby Lobby, die sich nach eigenen Angaben an "biblischen Prinzipien" ausrichtet.

Unternehmensgründer David Green weigert sich, seinen 28.000 Angestellten Versicherungen anzubieten, die auch Verhütungsmittel wie die "Pille danach" umfassen. Green sieht darin eine Form der Abtreibung. Der Supreme Court befasste sich ebenfalls mit Klagen einer von Mennoniten geführten Tischlerei und eines christlichen Buchhandels.

Religionsgemeinschaften von der Pflicht befreit

Die Regierung hatte nur Religionsgemeinschaften von der Pflicht befreit, für Mitarbeiter Versicherungen mit Verhütungsmitteln bereitzustellen. Der Supreme Court entschied nun mit fünf zu vier Stimmen, dass sich auch Familienunternehmen und andere eigentümergeführte Firmen auf religiöse Überzeugungen berufen können.

Die Pflicht zur Bereitstellung aller vom US-Gesundheitsministerium geforderten Verhütungsmittel verstoße gegen ein Gesetz zum Schutz der Religionsfreiheit von 1993, schrieb der Richter Samuel Alito in der Mehrheitsmeinung.

Das Gesetz verbietet der Regierung, ohne triftigen Grund Vorschriften zu erlassen, die das Recht auf freie Religionsausübung "substanziell belasten". Der Supreme Court wies das Argument der Regierung zurück, dass sich dieser Schutz nur auf Individuen und nicht auf Unternehmen erstreckt. Als "substanzielle Belastung" wertete das Gericht die Strafzahlungen von bis zu 1,3 Millionen Dollar am Tag, die Hobby Lobby und den Mitklägern drohten, sollten sie die gesetzlichen Vorgaben zu den Verhütungsmittel nicht umsetzen.

"Unsere Familie ist überglücklich mit der Entscheidung des Supreme Court", erklärte die Hobby-Lobby-Mitgründerin Barbara Green und dankte Gott für "die Unterstützung auf dieser schwierigen Reise". Das Urteil sei "nicht nur ein Sieg für unser Familienunternehmen, sondern für alle, die ihr Leben im Einklang mit ihrem Glauben führen wollen". Aus dem Weißen Haus hieß es, die Entscheidung des Obersten Gerichts werde geprüft. Präsident Obama sei der Meinung, dass nicht Arbeitgeber sondern die Frauen selbst über ihre Gesundheit entscheiden sollten.

"Ein Minenfeld"

Die Nichtregierungsorganisation Becket Fund for Religious Liberty, die Hobby Lobby in dem Verfahren zur Seite stand, betonte, dass sich das Urteil nur auf Familienunternehmen und nicht auf große Konzerne beziehe. Die dem linksliberalen Lager angehörende Oberste Richterin Ruth Bader Ginsburg warnte in ihrer abweichenden Meinung aber, dass sich der Supreme Court mit der Entscheidung in ein "Minenfeld" begeben habe. Mit einer religiösen Argumentation könnten sich Arbeitgeber schließlich auch weigern, bestimmte Impfungen oder Bluttransfusionen über die Krankenversicherungen abzudecken.

Der Oberste Gerichtshof hatte im Juni 2012 Obamas Gesundheitsreform im Kern für verfassungskonform erklärt. Der Streit drehte sich damals vor allem um die Pflicht aller Bürger, gegen Androhung einer Strafzahlung eine Krankenversicherung abzuschließen.

Die Republikaner und konservative Gruppen sahen dies als Beschneidung der Freiheitsrechte an. Die "Obamacare" genannte Reform tritt in mehreren Etappen in Kraft. Das Maßnahmenbündel soll mehr als 30 Millionen unversicherten Menschen in den USA Zugang zu einer Krankenversicherung verschaffen.

(DEU)
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