Regierungskrise in Chile Michelle Bachelet bittet alle Minister um Rücktritt
Santiago · Chile steht vor einem politischen Neuanfang: Präsidentin Michelle Bachelet hat ihr gesamtes Kabinett zum Rücktritt aufgefordert. In einem Interview des Fernsehsenders Channel 13 sagte die Staatschefin am Mittwochabend, sie werde in den nächsten 72 Stunden entscheiden, wer von den Ministern bleiben und wer die Regierung verlassen werde.
"Dies ist die Zeit für einen Kabinettswechsel", sagte Bachelet. Über den geplanten Schritt habe sie die Minister zuvor bereits informiert. Die 63 Jahre alte Chefin des südamerikanischen Landes kämpft zurzeit mit den schlechtesten Zustimmungswerten ihrer bisherigen politischen Laufbahn. Im März und April lag dieser bei nur noch 31 Prozent. Ein Grund dafür sind Korruptionsvorwürfe. Vor einem Monat räumte sie ein, dass eine Affäre um einen Bankkredit zu Vorzugskonditionen für ihren Sohn eine Vertrauenskrise verursacht habe. Die umstrittene Kreditangelegenheit war im Februar bekanntgeworden.
Ihren eigenen Rücktritt lehnte Bachelet aber ab. Sie war bereits von 2006 bis 2010 chilenische Präsidentin und wurde vor einem Jahr erneut gewählt - auch aufgrund des Wahlversprechens, gegen die Ungleichheit in Chile kämpfen zu wollen.
Die Korruption ist in Chile so gering wie in nur wenigen anderen Ländern in Südamerika. Das Vertrauen in Politiker und Wirtschaftsbosse ist jedoch durch die Kreditaffäre von Bachelets Sohn deutlich kleiner geworden. Auch ein Finanzskandal, in den Politiker aus dem rechten Spektrum sowie eine prominente Finanzgruppe verwickelt sein sollen, nährt Misstrauen.
Zehntausende Studenten gingen Mitte April in Chiles Hauptstadt Santiago wegen der jüngsten Korruptionsskandale und verschleppter Reformen im Bildungssystem auf die Straße. Der Großteil der Protestmärsche verlief friedlich.
