Politikwechsel im Reich der Mitte? China erwägt Ende der Ein-Kind-Politik

Peking · China scheint auf ein Ende der seit mehr als 20 Jahren bestehenden Ein-Kind-Politik zuzusteuern. Kurz vor dem bevorstehenden Generationenwechsel an der chinesischen Staatsspitze hat ein regierungsnahes Forschungsinstitut eine schrittweise Abschaffung der unpopulären Regelung bis 2015 gefordert.

Die starken Männer Chinas
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Die zuständige Regierungskommission für Bevölkerung und Familienplanung äußerte sich am Mittwoch zunächst nicht zu dem Vorstoß. Doch einige Beobachter werteten den Vorschlag als deutliches Zeichen für ein Umdenken innerhalb der Regierung, da die Expertengruppe der Entwicklungsforschungsstiftung direkt dem Staatsrat unterstellt ist.

"Das zeigt uns, dass ein Politikwechsel ohne Zweifel bevorsteht, aber wir können nicht vorhersagen, wann", sagte Cai Yong, China-Experte an der Universität von North Carolina. Konkret forderte das Institut, dass es Eltern in einigen Provinzen noch in diesem Jahr erlaubt sein solle, zwei Kinder zu bekommen. Landesweit solle dies ab 2015 gelten. Bis 2020 sollen schließlich alle Einschränkungen fallen, hieß es in dem Bericht aus dem die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua vorab zitierte. Die endgültige Version des Berichts der Stiftung solle in ein bis zwei Wochen veröffentlicht werden, sagte der Pressesprecher der Gruppe, Xie Meng.

"China hat für diese Maßnahme hohe politische und soziale Kosten in Kauf genommen. Sie führte zu sozialen Konflikten, hohen Verwaltungskosten und hat indirekt zu einem Geschlechterungleichgewicht bei den Geburten beigetragen", heißt es laut Xinhua in dem Bericht.

Viele Ausnahmen

Die Regelung ist tatsächlich weit komplexer als der - vereinfachte - Name "Ein-Kind-Politik" vermuten lässt. Die meisten Paare in Städten dürfen nur ein Kind haben, auf dem Land ist aber ein zweites erlaubt, wenn das erste ein Mädchen ist. Außerdem gibt es eine ganze Reihe weiterer Ausnahmen wie lockerere Regeln für Minderheitenfamilien und das Recht auf zwei Kinder für Partner, die beide Einzelkinder sind.

Zuletzt war vermehrt darüber spekuliert worden, dass die Regierung die 1980 als temporäre Maßnahme zur Eindämmung des Bevölkerungswachstums eingeführte Ein-Kind-Politik aufweichen könnte. Die Regierung betont, dass sie damit unzählige Familien vor Armut gerettet und Millionen Geburten verhindert hat, doch bei der Bevölkerung ist die Regelung vielfach verhasst.

Am 8. November beginnt der Kommunistische Parteitag, auf dem der alle zehn Jahre stattfindende Generationenwechsel an der Staatsspitze auf den Weg gebracht werden soll. Unklar war, ob sich dadurch eine mögliche Aufhebung der Ein-Kind-Politik beschleunigen oder verzögern würde.

(APD)
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