Reaktionen auf CIA-Folterbericht "Jeder Beteiligte sollte zur Rechenschaft gezogen werden"

Washington · Waterboarding, wochenlanger Schlafentzug, Schläge in den Unterleib – dass der US-Geheimdienst CIA in Geheimgefängnissen nach dem 11. September 2001 foltern ließ, ist schon lange bekannt. Die durch den Senatsbericht nun bekanntgewordenen Details aber lassen die Welt doch aufhorchen. Es hagelt Kritik und Forderungen nach einer Strafverfolgung – auch in den sozialen Netzwerken.

CIA-Bericht: "Willkommen im 21. Jahrhundert, liebe CIA" - Pressestimmen
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"Der Folterbericht ist ein Dokument der Schande"

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Waterboarding, wochenlanger Schlafentzug, Schläge in den Unterleib — dass der US-Geheimdienst CIA in Geheimgefängnissen nach dem 11. September 2001 foltern ließ, ist schon lange bekannt. Die durch den Senatsbericht nun bekanntgewordenen Details aber lassen die Welt doch aufhorchen. Es hagelt Kritik und Forderungen nach einer Strafverfolgung — auch in den sozialen Netzwerken.

500 Seiten umfasst der Bericht, den der Geheimdienstausschuss verfasst und am Dienstag (Ortszeit) veröffentlicht hat. Erstmals ist darin detailliert zu lesen, wie die CIA unter der Regierung von Präsident George W. Bush nach den Anschlägen von 2001 ein weltweites System an Geheimgefängnissen aufbaute. Lange war darum gerungen worden, ob er überhaupt veröffentlicht wird, und manch einer sieht das auch heute noch als falsch an.

So kritisierten die Republikaner, die damals an der Macht waren, den Bericht als einen "politischen" Angriff auf die CIA und sprachen von einer einseitigen Sichtweise. Von falschen Analysen, Ungenauigkeiten ist die Rede, und immer wieder auch davon, dass es durch solche Methoden auch gelungen sei, Anschläge zu verhindern.

Ehemalige CIA-Agenten erstellten eigens eine Internetseite mit dem Namen CIASavedLives.com (Die CIA hat Leben gerettet), auf der solche und ähnliche Argumente zu lesen sind. Auch wird — anders als im Bericht — behauptet, der Präsident habe das Programm geleitet, und die Führung des Kongresses sei "regelmäßig und genau" über das Vorgehen der CIA unterrichtet worden.

Doch es überwiegen die Stimmen, die die Veröffentlichung des Berichts befürworten und sich entsetzt über die Methoden der CIA äußern. So forderte der UN-Sonderberichterstatter für Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte, Ben Emmerson, dass die Verantwortlichen für die "kriminelle Verschwörung" zur Rechenschaft gezogen werden müssten.

Die US-Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) forderte die Einsetzung eines Sonderermittlers. "Wenn es ausreichende Beweise für kriminelles Verhalten gibt, sollten die Übeltäter bestraft werden", sagte ACLU-Chef Anthony Romero. Strafverfolgung forderten auch die Organisationen Amnesty International und Human Rights Watch. Und auch in den sozialen Netzwerken werden solche Stimmen laut.

Forderung nach rechtlichen Konsequenzen

Bei Twitter etwa wird unter dem Hashtag #TortureReport immer wieder der Ruf nach einer Bestrafung der Verantwortlichen laut. Und viele User fordern, dass auch der damalige US-Präsident George W. Bush zur Rechenschaft gezogen wird. "Was passiert nun, da der Bericht raus ist?", fragt ein User, um dann hinzuzufügen: "Was immer es ist, es wird viel aussagen über den heutigen Zustand der Justiz in den USA." "Jeder, der in die massenhafte Folter von unschuldigen Menschen in der vergangenen Dekade beteiligt war, sollte zur Rechenschaft gezogen werden", heißt es bei einem anderen.

Andere Twitterer setzen sich mit den Inhalten des Berichts auseinander. So schreibt ein User, dass ihn das alles nicht überrascht habe — und das sei das Schlimmste. Ein anderer stellt die Frage auf, ob die Tötung von unschuldigen Frauen und Kindern durch Drohnen nicht ebenso Folter sei.

Doch es gibt auch einige wenige Stimmen, die das Handeln der CIA durchaus nachvollziehen können und den US-Geheimdienst verteidigen. "Ich denke, man hat das zu tun, was notwendig ist, um sein Land zu beschützen", schreibt ein Twitterer. "Der Feind spielt mit seinen Selbstmordattentaten und Enthauptungen ebenfalls nicht nach den Regeln. Warum sollten wir es tun?" Ähnlich sieht das übrigens auch die rechtsextreme französische Politikerin Marine Le Pen.

Polen will ganzen Bericht sehen

In manchen Fällen hält Le Pen Folter für gerechtfertigt. Die Chefin der Front National (FN) sagte am Mittwoch den Sendern BFMTV und RMC: "Ich verurteile das nicht." Und fügte hinzu: "Erlauben Sie mir es Ihnen zu sagen: Es kann Fälle geben, wenn eine Bombe — tick tack tick tack tick tack — in einer oder zwei Stunden explodieren soll und dabei 200 oder 300 zivile Opfer fordern würde. Da ist es nützlich, die Person zum Sprechen zu bringen." Dabei müssten "die Mittel" eingesetzt werden, "die möglich sind", sagte Le Pen.

Strafrechtliche Konsequenzen fordert dagegen der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Tom Koenigs. Im rbb-Inforadio sagte er, die Verantwortlichen auf allen Ebenen müssten zur Rechenschaft gezogen werden — und zwar auch in den Ländern, die kooperiert hätten. Der Bericht habe zudem deutlich gezeigt, "dass die Kontrollinstrumente der Geheimdienste zu schwach" seien.

In Polen wiederum erhofft man sich durch den Bericht auch Erkenntnisse für die eigenen Ermittlungen. Seit 2008 wird in dem Land zu Vorwürfen ermittelt, dass auch auf einer ehemaligen Militärbasis in Nordostpolen Terrorverdächtige durch die CIA gefoltert worden seien. Nun will die polnische Staatsanwaltschaft einen Antrag bei den US-Behörden stellen, um den gesamten, ungekürzten Bericht einzusehen. Dadurch erhoffe man sich neue Fakten und Beweise, hieß es aus Krakau.

mit Agenturmaterial

(das)
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