US-Ausschuss legt Folterbericht vor Die Verhörmethoden der CIA waren unwirksam

Washington · Nach heftigen Kontroversen ist in den USA der bisher umfassendste Bericht über umstrittene CIA-Verhörmethoden nach den Anschlägen vom 11. September 2001 veröffentlicht worden.

CIA: Folterbericht liegt vor - Verhörmethoden waren unwirksam
Foto: afp, SAUL LOEB

Der sogenannte Folterbericht bestätigte, dass der US-Geheimdienst Terrorverdächtige quälte, um Informationen von ihnen zu erhalten. Es seien mehr Gefangene in geheimen CIA-Gefängnissen festgehalten worden als bisher bekannt.

Die Verhörmethoden unter der damaligen Regierung von Präsident George W. Bush seien aber unwirksam gewesen und über das hinausgegangen, was das Weiße Haus genehmigt habe. Die CIA habe die Regierung und den Kongress über das Ausmaß der Praktiken und deren Effektivität getäuscht.

Aus Furcht vor Unruhen oder gar Anschlägen nach der Veröffentlichung waren verstärkte Schutzmaßnahmen für Militäreinrichtungen und Botschaften im Ausland verfügt worden. US-Präsident Barack Obama hatte es befürwortet, die Ermittlungsergebnisse publik zu machen, die CIA den Report bereits im Vorfeld als inkorrekt bezeichnet. Führende Republikaner wie der damalige Vizepräsident Dick Cheney verteidigten die Verhörtechniken.

Obama hat zudem die "verschärften Verhörmethoden" der CIA verurteilt, die von Menschenrechtlern als Folter angesehen werden. Die in einem Senatsbericht über umstrittene CIA-Verhörmethoden beschriebenen Techniken seien "beunruhigend". Das Vorgehen im Zuge des Anti-Terror-Kampfes entspreche nicht den Werten der USA und habe dem Ansehen des Landes in der Welt geschadet. Sie hätten auch nicht der nationalen Sicherheit gedient. Er werde als Präsident alles tun, "dass wir nie mehr auf diese Methoden zurückgreifen", betonte Obama in einer schriftlichen Erklärung unmittelbar nach Bekanntwerden des Berichts am Dienstag.

Die 20 Schlussfolgerungen:

Die Ergebnisse der Untersuchung fasste der Geheimdienstausschuss in 20 Punkten zusammen:

1. Der Einsatz erweiterter Verhörmethoden durch die CIA war kein wirksames Mittel, um Geheimdiensterkenntnisse zu beschaffen und die Häftlinge zur Zusammenarbeit zu bewegen.

2. Die Rechtfertigung der erweiterten Verhörmethoden durch die CIA beruhte auf falschen Behauptungen über deren Wirksamkeit.

3. Die Verhöre der CIA-Gefangenen waren brutal und viel schlimmer als es die CIA gegenüber Politikern und anderen dargestellt hat.

4. Die Haftbedingungen der CIA-Gefangenen waren härter als es die CIA gegenüber Politikern und anderen dargestellt hat.

5. Die CIA hat dem Justizministerium wiederholt falsche Informationen übermittelt und damit eine angemessene juristische Analyse des Haft- und Verhörprogramms verhindert.

6. Die CIA hat eine Aufsicht des Programms durch den Kongress aktiv vermieden und verhindert.

7. Die CIA hat eine wirksame Aufsicht und Entscheidungsfindung des Weißen Hauses verhindert.

8. Die Ausführung und die Verwaltung des Programms durch die CIA haben die Missionen anderer Regierungsbehörden im Bereich der nationalen Sicherheit komplizierter gemacht und in einigen Fällen verhindert.

9. Die CIA hat die Aufsicht durch das Büro des Generalinspekteurs der CIA verhindert.

10. Die CIA hat die Weitergabe vertraulicher Informationen an die Medien koordiniert, darunter falsche Information über die Wirksamkeit der erweiterten Verhörmethoden.

11. Die CIA war noch unvorbereitet, als sie mehr als sechs Monate nach der Genehmigung mit ihrem Haft- und Verhörprogramm begann.

12. Die Ausführung und Verwaltung des Haft- und Verhörprogramms der CIA war während der gesamten Dauer zutiefst fehlerhaft, vor allem aber in den Jahren 2002 und 2003.

13. Zwei externe Psychologen haben die erweiterten Verhörtechniken für die CIA entwickelt und eine zentrale Rolle bei der Ausführung, Bewertung und Verwaltung des Programms gespielt. Bis zum Jahr 2005 lagerte die CIA mit dem Programm verbundene Tätigkeiten dann weitgehend an Dienstleister aus.

14. CIA-Gefangene wurden harschen Verhörmethoden unterzogen, die weder vom Justizministerium erlaubt noch vom CIA-Hauptquartier genehmigt wurden.

15. Die CIA führte keine umfassenden und genauen Statistiken über die von ihr inhaftierten Individuen und hielt Individuen ohne rechtliche Grundlage gefangen. Die Angaben der CIA über die Zahl der Gefangenen und jener, die erweiterten Verhörmethoden unterzogen wurden, waren falsch.

16. Die CIA hat dabei versagt, die Wirksamkeit ihrer erweiterten Verhörmethoden angemessen zu beurteilen.

17. Die CIA hat Angestellte für ernste und bedeutende Verstöße, unangemessene Tätigkeiten und systematisches sowie individuelles Managementversagen nur selten gemaßregelt oder zur Verantwortung gezogen.

18. Die CIA hat zahlreiche interne Kritiker ins Abseits gedrängt und Einwände bezüglich der Ausführung und Verwaltung des Haft- und Verhörprogramms ignoriert.

19. Das Haft- und Verhörprogramm der CIA war an sich untragbar und wegen Enthüllungen in der Presse, einer verringerten Zusammenarbeit anderer Länder sowie rechtlichen Bedenken im Jahr 2006 praktisch beendet.

20. Das Haft- und Verhörprogramm der CIA hat den Stand der Vereinigten Staaten in der Welt beschädigt und zu erheblichen monetären und nicht-monetären Kosten geführt.

Fragen und Antworten zu dem Bericht:

Wer hat den Bericht verfasst?

Demokratische Mitarbeiter des Geheimdienstausschusses des Senats haben zwischen 2009 und 2013 die Untersuchungen durchgeführt und den Report auch geschrieben. Die republikanische Seite hatte eine Mitarbeit abgelehnt. Die Demokraten leiten den Ausschuss - noch. Die Führung wechselt im Januar zu den Konservativen, die bei der Wahl im November die Mehrheit im Senat erobert haben.

Worum geht es in dem Bericht?

Er untersucht ein von der CIA geschaffenes Verhörprogramm, das nach den Anschlägen vom 11. September 2001 unter dem damaligen republikanischen Präsidenten George W. Bush entwickelt wurde.
Erklärtes Ziel war es, Informationen von gefangenen Al-Qaida-Verdächtigen zu erhalten, um die Terrorbedrohung einzudämmen. Der Bericht ist mehr als 6000 Seiten lang, der "Washington Post" zufolge hat er über 35 000 Fußnoten. Der Ausschuss wollte nur eine fast 500 Seiten starke Zusammenfassung publik machen.

Warum wird der Bericht jetzt veröffentlicht?

Ursprünglich sollte er binnen eines Jahres verfasst werden. Aber es gab einen so gewaltigen Berg an auszuwertenden Unterlagen, nach Medienberichten mehr als sechs Millionen Dokumente, dass die Analyse weitaus länger dauerte. Hinzu kam heftiges politisches Gerangel um die vom Ausschuss geplante Veröffentlichung.

Aber die CIA-Verhörmethoden sind doch längst schon bekannt?

Tatsächlich ist das Programm bereits weitgehend publik geworden, teilweise sickerten Informationen durch, teilweise wurden Einzelheiten auch offiziell veröffentlicht. Aber der Ausschuss-Report ist bei weitem die bisher umfassendste Analyse.

Welche Verhörmethoden wendete die CIA an?

Zu den in geheimen CIA-Gefängnissen angewandten Praktiken gehörten Stresspositionen, Schlafentzug, Einsperren der Gefangenen in Kisten und das "Waterboarding", also simuliertes Ertränken.

Aber ist das nicht ganz klar Folter?

Befürworter des Programms sprechen immer noch von "harschen" Verhörmethoden, die keine Folter darstellten. Auch Rechtsanwälte des Justizministeriums befanden seinerzeit, dass diese Techniken nicht als Folter anzusehen seien. Laut internationalen Konventionen verhält es sich anders. Präsident Barack Obama selbst hat die Behandlung von Gefangenen in den CIA-Gefängnissen als Folter bezeichnet.

Was sind die Argumente der Befürworter?

Sie sagen im Wesentlichen, dass die Methoden dem Schutz des Landes gedient und auch geholfen hätten, Anschläge zu verhindern. Aber Kritiker weisen das zurück. So kommt der Report laut Medienberichten nach vorab bekanntgewordenen Informationen auch zum Schluss, dass die damalige Bush-Regierung über die Effektivität der Verhörmethoden getäuscht worden sei.

Hat der Bericht juristische Folgen für Beteiligte an dem Programm?

Irgendwelche disziplinarische oder strafrechtliche Folgen sind höchst unwahrscheinlich. Das Justizministerium hat in der Vergangenheit schon mehrere Male im Zusammenhang mit den Praktiken ermittelt, aber keine Anklagen erhoben. Solche Schritte kämen laut Justizminister Eric Holder nur infrage, wenn sich jemand ungenehmigt an den Aktionen beteiligt hätte - aber sie waren ja seinerzeit von der CIA-Führung und dem Weißen Haus gebilligt worden.

(dpa)
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