Premier wütend über NSA-Veröffentlichungen David Cameron will Presse einen Maulkorb verpassen

London · Im Zuge der NSA-Affäre hat der britische Premierminister David Cameron unverhohlene Drohungen geäußert. Er warnte die Presse davor, weitere Spionage-Enthüllungen zu veröffentlichen. Andererseits werde es für ihn "schwierig, sich zurückzuhalten und nicht tätig zu werden".

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Foto: dpa, Julian Stratenschulte

Der britische Premierminister David Cameron will verhindern, dass Zeitungen weitere Enthüllungen des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden veröffentlichen. "Wenn sie nicht gesellschaftliches Verantwortungsgefühl an den Tag legen, wird es sehr schwer für die Regierung, sich zurückzuhalten und nicht tätig zu werden", sagte Cameron am Montag im Parlament.

Der Zeitung "Guardian" warf er vor, weiter schädliches Material abzudrucken, obwohl das Blatt eigentlich zugesichert habe, sensible Informationen zu vernichten.

Der "Guardian" hat wie andere internationale Medien in der Vergangenheit immer wieder Enthüllungen Snowdens über die Arbeit der amerikanischen und britischen Geheimdienste veröffentlicht. Dadurch war die britische Zeitung nach eigenen Angaben von der Regierung in London massiv unter Druck gesetzt worden. "Guardian"-Chefredakteur Alan Rusbridger schrieb Mitte August, das Blatt sei zur Zerstörung oder Herausgabe des Snowden-Materials aufgefordert worden. Die Regierung habe gedroht, juristisch gegen die Zeitung vorzugehen. Die Zeitung "The Independent" berichtete kurz darauf, die Repressalien seien von Cameron persönlich angeordnet worden.

Derweil hat die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des US-Senats, die demokratische Senatorin Dianne Feinstein, sich für eine komplette Überprüfung aller US-Geheimdienstprogramme ausgesprochen. Anlass dafür sind die Berichte, dass die NSA auch Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört hatte. Darüber sei sie nicht informiert gewesen, erklärte Feinstein am Montag.

Ihr Ausschuss sei zwar informiert gewesen, dass die NSA auf Basis eines geheimen Gerichtsbeschlusses Telefondaten gesammelt habe, sagte Feinstein. Aber der Ausschuss sei "nicht zufriedenstellend" informiert worden, dass einige Überwachungsaktivitäten schon seit mehr als einem Jahrzehnt liefen. Auch Präsident Barack Obama sei nicht darüber informiert gewesen, dass die Kommunikation von Bundeskanzlerin Angela Merkel seit 2002 überwacht worden sei.

Dass die NSA auch die Daten von Verbündeten der USA gesammelt habe, darunter Frankreich, Spanien, Mexiko und Deutschland, da sei sie völlig dagegen, erklärte Feinstein. So etwas sollte nur in Notfällen und mit Genehmigung des Präsidenten geschehen.

Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Caitlin Hayden, wollte sich zu der Erklärung Feinsteins nicht äußern. Die Regierung überprüfe derzeit die Prioritäten der Geheimdienste, erklärte Hayden. Das geschehe in zwei verschiedenen Gremien.

Vertreter der Europäischen Union, die sich in Washington aufhielten, machten deutlich, dass sich die US-Spionage in Europa auch auf die laufenden Verhandlungen über ein europäisch-amerikanisches Handelsabkommen auswirken könnte.

(REU/AP)
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