Seit neun Monaten in U-Haft Türkei hält Yücels Inhaftierung für gerechtfertigt

Istanbul · Deniz Yücel sitzt seit mehr als neun Monaten ohne Anklage in Untersuchungshaft. Die türkische Regierung hält das für gerechtfertigt und äußert sich erstmals schriftlich zu den Vorwürfen der Terrorpropaganda.

 Der Journalist Deniz Yücel (Archivbild).

Der Journalist Deniz Yücel (Archivbild).

Foto: dpa, bsc

Aus einer türkischen Stellungnahme beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht hervor, dass die Maßnahmen gegen den Journalisten "notwendig und angemessen" seien, heißt es darin.

Die türkische Regierung forderte das Gericht dazu auf, die Beschwerde Yücels gegen seine Untersuchungshaft abzulehnen. Yücel habe im März Beschwerde beim türkischen Verfassungsgericht eingereicht und müsse den nationalen Rechtsweg zunächst ausschöpfen, hieß es unter anderem zur Begründung.

Dass das Verfassungsgericht noch keine Entscheidung getroffen habe, sei angesichts des Ausnahmezustands in der Türkei und der hohen Belastung der Gerichte "äußerst vertretbar".

Die Türkei hatte die Stellungnahme am Dienstag, kurz vor Ablauf der vom Menschenrechtsgericht gesetzten Frist, in Straßburg eingereicht. Yücel ist seit dem 27. Februar in der Haftanstalt Silivri westlich von Istanbul inhaftiert. Eine Anklageschrift liegt noch nicht vor.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Journalisten mehrfach als "Spion" bezeichnet. In der Stellungnahme der türkischen Regierung kommt der Vorwurf der Spionage jedoch nicht vor.

Die türkische Regierung ist der Ansicht, dass die Ermittlungen gegen Yücel nichts mit seiner Tätigkeit als Journalist zu tun haben, wie aus der Stellungnahme deutlich wird.

Vielmehr bestehe der dringende Verdacht, dass Yücel in Einklang mit den Zielen von Terrororganisationen gehandelt und "Propaganda zugunsten der Terrororganisation verbreitet und Handlungen ausgeführt habe, um einen Konflikt zwischen türkischen und kurdischen Gesellschaftsgruppen anzuzetteln".

Propaganda für PKK vorgeworfen

Mit Terrororganisationen sind die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die Gülen-Bewegung gemeint. Die Türkei macht letztere für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich.

Schon aus der Begründung für den Haftbefehl ging hervor, dass Yücel Propaganda für die PKK, die Gülen-Bewegung sowie Volksverhetzung vorgeworfen wird. Unter anderem erwähnte das Gericht ein Interview von Yücel mit dem PKK-Anführer Cemil Bayik aus dem Jahr 2015, dass die Staatsanwaltschaft als Terrorpropaganda wertet.

Die türkische Regierung zitiert in ihrer Stellungnahme nun auch aus dem Gerichtsprotokoll von damals.

(ate/dpa)
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