Israelis wollen Wikipedia umschreiben Der Krieg um die Wahrheit

Düsseldorf (RPO). Das internationale Konflikte nicht immer nur mit Waffengewalt ausgetragen werden ist nichts Neues. Im Zeitalter des Internets gewinnen diese Auseinandersetzungen eine neue Qualität. Zwei rechtsgerichtete israelische Gruppen wollen nun die "Wahrheit" über den Nahostkonflikt in der Internet-Enyklopädie Wikipedia in ihrem Sinne angleichen.

Laut einem Bericht des Guardian versuchen die Siedlerorganisation "Jescha Council" (Akronym für Judäa, Samaria und Gaza) und die ultrakonservative Gruppe "Israel scheli" (zu deutsch: "Mein Israel") nun mit der Gründung der Initiative "Zionistisches Schreiben" den Teilnehmern eines Workshops beizubringen, wie man die Schlacht mit Worten schlägt.

Es geht um Fragen der nationalen Hoheit. Wie zum Beispiel der Status der Golanhöhen zu bewerten sei. Oder die noch nicht lange zurückliegende Aktion gegen die Gazahilfsflotte. Auch die Lage Jersualems könnte mit einer neuen, eindeutig zionistischen Sichtweise, erörtert werden.

Angeblich wollen die Aktivisten die Wahrheit zwar nicht umschreiben: "Wir wollen Wikipedia nicht verändern oder in eine Propagandawaffe umwandeln", sagte Naftali Bennet, Direktor des "Jescha Councils", der britischen Tageszeitung "Guardian". Aber man wolle doch auch die andere Seite zeigen. "Die Menschen denken, Israelis sind niederträchtige und böse Menschen, die den ganzen Tag nur Araber verletzen wollen."

Für diesen Plan scheint die virtuelle Mitmach-Enzyklopädie das richtige Instrumentarium zu sein: jeder Einzelne kann die Millionen von Wiki-Einträgen ergänzen, verändern und umschreiben - in rund 260 Sprachen. Außerdem gilt das Online-Lexikon weltweit unter Usern als eine erste, schnelle Informationsquelle.

Da die eigene Regierung in Jerusalem bisher einen "schlechten Job gemacht" habe der Welt ihr Handeln zu erklären, hätten die Palästinenser bisher den Fight um die Meinungshoheit in den digitalen Medien beherrscht. Das soll sich nun mit dieser Aktion ändern - man wolle ein Gleichgewicht der Meinungen herstellen.

"Wir wollen diese Arena nicht der anderen Seite überlassen", sagte Ajelet Schaked von der Organisation "Israel Scheli" gegenüber dem "Guardian". Die virtuelle Eingreiftruppe solle aber keine Überfallkommandos durchführen. Im Workshop "Zionistisches Schreiben" sollen die Teilnehmer eher lernen, wie man dauerhaft die Meinung in der digitalen Wikipedia-Welt beeinflusst und sich auch in Videoplattformen, Chatrooms und sozialen Netzwerken wie Facebook durchsetzt.

Man wolle den sanfteren Weg gehen, denn man habe erkannt, dass das massenhafte und zu offensichtliche Verändern von Texten nicht von Erfolg gekrönt sei. Die Wikipedia-Administratoren seien sehr skeptisch. Im Jahr 2008 wurde einer rechtsgerichteten Pro-Israel-Gruppe, die Einträge auf der Wikipedia-Seite umschreiben wollte, von den Administratoren ein Schreibverbot erteilt.

(felt)
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