Ärger für Präsident Hollande Die Homo-Ehe spaltet Frankreich

Paris · Präsident François Hollande will mit der Einführung der sogenannten Homo-Ehe ein Wahlversprechen einlösen - und bringt damit große Teile der Bevölkerung gegen sich auf. Gegen das Vorhaben bilden sich eigenartige Allianzen.

Frankreich streitet über die Homo-Ehe
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"Recht auf Ehe für alle" — selten hat ein Gesetzesvorhaben in Frankreich die politischen Parteien, aber auch die gesamte Gesellschaft derart aufgewirbelt, wie die geplante Einführung der sogenannten Homo-Ehe. Der Text soll Anfang Januar ins Parlament eingebracht und nach dem Wunsch der sozialistischen Regierung noch vor der Sommerpause verabschiedet werden.

Präsident François Hollande will mit der Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Paaren ein Wahlkampfversprechen umsetzen. Das Thema ist indes dabei, ihm heftigen Ärger zu bereiten. Schon jetzt regt sich allenthalben massiver Widerstand — nicht nur von Seiten der Konservativen und der katholischen Kirche, die in Frankreich trotz der Trennung von Staat und Religion noch immer großen Einfluss hat.

Muslime, Protestanten und Bürgermeister mit dem gleichen Ziel

Auch Frankreichs Muslime sowie Protestanten treibt es auf die Straße, während Tausende Bürgermeister eine Petition unterschrieben haben, in der sie das Recht einfordern, homosexuelle Paare nicht persönlich trauen zu müssen. Damit bilden die Gegner eine eigenartige Allianz, die sich in ersten Demonstrationen Luft verschafft hat. Mehrere Zehntausend Menschen (die Veranstalter sprechen von 200.000) protestierten im ganzen Land gegen die Vorlage. Denn das Gesetz sieht nicht nur die mögliche Vermählung Homosexueller vor. Diese sollen künftig auch Kinder adoptieren dürfen. Das geht vielen in Frankreich trotz des eher liberalen gesellschaftlichen Klimas zu weit.

Plötzlich tauchen wieder Slogans auf wie "Ja zur Familie!" und "Ein Papa, eine Mama, ganz einfach!". Und Experten versuchen wissenschaftlich zu diskutieren, ob für das Kindeswohl tatsächlich Vater und Mutter nötig sind oder nicht. Auch Papst Benedikt XVI. hat sich in die Debatte eingeschaltet. Er appellierte an die französischen Bischöfe, "unablässig und entschlossen" gegen das Projekt aufzubegehren. Der Pariser Kardinal André Vingt-Trois warnte in einem "Gebet für Frankreich" gar vor den Folgen der Homo-Ehe.

Gegner gründen "historische" Großdemo an

Der aktuelle Wirbel könnte erst ein Vorgeschmack sein. Denn für Mitte Januar haben die Gegner des Projekts zu einer "historischen" Großdemonstration wie im Mai 1968 aufgerufen, mit mehr als einer Million Teilnehmern. Dem wollte die Regierung nun eigentlich vorgreifen und der Aufregung die Spitze zu nehmen. Erstmals machte Hollande in dieser Woche Zugeständnisse und ging auf die Gegner der Homo-Ehe zu. Konservative Bürgermeister, die in ihrer Funktion als Standesbeamte mit der Trauung gleichgeschlechtlicher Paare ein Problem hätten, sollten aus "Respekt vor der Gewissensfreiheit" dazu nicht gezwungen werden. Sie könnten die Aufgabe delegieren.

Während etliche Gemeindevorsteher den Kompromiss durchaus begrüßten, stieß er vor allem in Hollandes eigenem Lager auf Widerstand. Der Grünen-Abgeordnete und Bürgermeister Noël Mamère warf Hollande Kapitulation vor. Der französische Schwulen- und Lesbenverband schimpfte in einer Stellungnahme: "Wie kann es sein, dass persönliche Überzeugungen über dem Gesetz und dem Prinzip der Gleichheit aller Bürger stehen?" Und der bürgerliche Abgeordnete Laurent Wauquiez sprach von einem heillosen Durcheinander.

Angesichts der neuerlichen Aufregung übte sich die Regierung abermals in Schadenbegrenzung. Hollande bereue seine "unglückliche" Wortwahl zur persönlichen Überzeugung, hieß es gestern. Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem versicherte, dass die Gewissensfreiheit niemals Teil des Gesetzentwurfs sein werde. Es solle lediglich garantiert werden, dass alle gleichgeschlechtlichen Paare, die eine Eheschließung wünschten, dazu auch in allen Gemeinden die Möglichkeit haben sollten. Hollande, so die Sprecherin, wolle die Homo-Ehe "im Guten" durchsetzen und nicht durch Zwang.

(RP/csi/csr)
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