Syrien-Friedenskonferenz in Genf Die Konfliktparteien treffen im "gleichen Raum" aufeinander

Genif · Nach drei Tagen feindseliger Rhetorik und erbitterten Widerstands haben sich Vertreter die Konfliktparteien im syrischen Bürgerkrieg doch noch zu einem Treffen durchgerungen. Die beiden Seiten würden am Samstag "im gleichen Raum" zusammenkommen, kündigte der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi in Genf an. Eigentlich hätten sich die Delegationen bereits am Freitag an einen Tisch setzen sollen.

Der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi bringt die Konfliktparteien an einem Tisch zusammen.

Der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi bringt die Konfliktparteien an einem Tisch zusammen.

Foto: afp, FABRICE COFFRINI

"Wir hatten nie erwartet, dass es einfach werden würde und ich bin mir sicher, dass es das auch nicht wird", sagte Brahimi. "Aber ich denke, dass die zwei Seiten wissen, was auf dem Spiel steht. Ihr Land ist in sehr, sehr schlechter Verfassung".

Noch am Freitagvormittag hatte es in Genf nach einem Scheitern der Friedenskonferenz ausgesehen: Syriens Außenminister Walid al-Muallim drohte mit der Abreise seiner Delegation, sollte es nicht bis Samstag zu "ernsthaften Gesprächen" kommen.

Die Opposition, die sich erst nach massivem diplomatischen Druck zur Teilnahme bereiterklärt hatte, sträubte sich vor direkten Gesprächen mit der Regierung, die sie stürzen will. So trafen die Vertreter und Gegner von Präsident Baschar al-Assad im Abstand von fünf Stunden in der europäischen UN-Zentrale ein, um ein mögliches Aufeinandertreffen tunlichst zu vermeiden.

Seit Beginn der Syrien-Friedenskonferenz am Mittwoch hatte Brahimi denn auch nur getrennt mit beiden Parteien gesprochen. Ziel der Verhandlungen ist es, den Bürgerkrieg mit mittlerweile mehr als 130 000 Menschen seit 2011 und Millionen Flüchtlingen zu beenden.

Direkte Verhandlungen wären aus Sicht von Diplomaten der Königsweg für eine Beilegung des Konflikts. Doch beide Seiten beharrten seit Beginn der Konferenz auf ihren Standpunkten und sehen sich als Fürsprecher der syrischen Bevölkerung. Die Opposition fordert den Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad und die Einsetzung einer Übergangsregierung, Assad schließt einen Rücktritt aus.

Auf den als äußerst geduldig geltenden Topdiplomaten Brahimi kommt nun vor diesem Hintergrund eine Herkulesaufgabe zu. Was bei dem bevorstehenden Aufeinandertreffen der Konfliktparteien passieren werde, sei noch völlig offen, sagte Luai Safi von der oppositionellen Syrischen Nationalen Koalition. "Jeder wird im gleichen Raum sein, aber mit Herrn Brahimi reden. Er wird derjenige sein, der die Verhandlungen führen wird" erklärte Safi, der auch als Teilnehmer dabei ist. "Wir werden mit ihm sprechen. Es wird keine direkten Verhandlungen mit dem Regime geben".

Syriens Informationsminister Omran al-Subi betonte, die Delegation Assads nehme das Ganze ernst. "Wir werden hierbleiben, bis wir die Arbeit erledigt haben. Wir werden uns nicht provozieren lassen. Wir werden uns nicht zurückziehen und weise und flexibel sein", sagte er.

Weiter Gewalt in Syrien

In Syrien selbst ging die Gewalt weiter. Das Beobachtungszentrum für Menschenrechte meldete Bombardements auf Rebellenviertel in Aleppo durch Regierungstruppen. In mehreren Städten kam es zu Protesten gegen die Genfer Gespräche. "Das Assad-Regime versteht die Sprache des Dialogs nicht. Wir werden das kriminelle Regime mit Gewalt entfernen", war auf einem der Plakate in der Stadt Darajan zu lesen.

Zweifelhaft ist ohnehin, inwieweit das größte vom Westen unterstützte Oppositionsbündnis, die Syrische Nationale Koalition, eine mögliche Einigung in Genf überhaupt umsetzen kann: Sie hat kaum Einfluss auf die unterschiedlichen Rebellenfraktionen im Land, die sich zum Teil gegenseitig bekämpfen.

Auch der Iran, der nicht an der Konferenz in Genf teilnimmt, meldete sich mit einem Vorschlag zu Wort, wie die Krise in Syrien eingedämmt werden könne. Alle "ausländischen Elemente" sollten das Land verlassen und dadurch das syrische Volk selbst über seine Zukunft entscheiden lassen, sagte Außenminister Mohammed Dschawad Sarif auf dem Weltwirtschaftsforum im nahe gelegenen Davos.

Gleichzeitig forderte er auch ein Ende der ausländischen Unterstützung der Gegner Assads. Aber auch der Präsident selbst erhält Hilfe aus dem Ausland - nicht zuletzt aus dem Iran. Am Freitag griffen zudem auch wieder Kämpfer der libanesischen Hisbollah-Miliz aufseiten der Regierungstruppen in Kämpfe in Ghuta, östlich von Damaskus, ein, wie das Beobachtungszentrum mitteilte.

(ap)
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