Umfrage zur Ukraine-Krise Die meisten Deutschen würden Nato-Partner nicht verteidigen

Washington · Angesichts der Ukraine-Krise sind insbesondere die baltischen Staaten über die Außenpolitik Russlands besorgt. Aber würden die westlichen Nato-Länder ihre Verbündeten auch militärisch verteidigen? Vor allem in Deutschland lautet die Antwort darauf meistens Nein, wie eine neue Umfrage ergab. Und auch das Ansehen der Nato insgesamt sank hierzulande in den vergangenen Jahren spürbar.

Ostukraine - Bilder von Soldaten und und Zerstörung
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Krieg in der Ostukraine - Bilder von Soldaten und Zerstörung

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Foto: afp, MR/RT

Seit der Annektion der Krim sorgen sich die ehemaligen Sowjetstaaten Estland, Lettland und Litauen, dass Russland auch ihre eigenen Landesgrenzen ins Visier nehmen könnte. Diese Angst vor der Außenpolitik Wladimir Putins macht dort auch die Nato populär. Denn Artikel 5 der Nato-Verträge, der sogenannte Bündnisfall, besagt, dass alle anderen zu Hilfe eilen, wenn ein Mitglied angegriffen wird. Doch wie stehen die Bürger in anderen Nato-Staaten zu solch einem Bündnisfall? Das amerikanische Pew-Research-Center hat nachgefragt.

Die nun vorgelegte Studie basiert auf Umfragen in acht Nato-Staaten — Deutschland, USA, Kanada, Frankreich, Italien, Polen, Spanien, Großbritannien — sowie Russland und der Ukraine (außer Krim, Donezk und Lugansk). Darin wird gezeigt, welchen Einfluss der Ukraine-Konflikt auf die Einstellungen der Bürger in diesen Ländern hat. In Bezug auf den Bündnisfall zeigte sich dabei vor allem eins: Kein Land lehnt eine militärische Unterstützung eines Bündnispartners mehr ab als Deutschland. Auf die Frage, ob sie für den Fall, dass Russland einen Verbündeten angreifen würde, dafür oder dagegen seien, dass das eigene Land militärisch eingreift, sagten 58 Prozent der Deutschen Nein. Nur 38 Prozent waren für ein solches Vorgehen.

Kanzlerin Merkel zu Besuch in Moskau
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Damit ist die Bundesrepublik Spitzenreiter im Ablehnen der Bündnispflichten, gefolgt von Frankreich mit 53 Prozent und Italien mit 51 Prozent. In den USA und in Kanada sieht es genau umgekehrt aus, hier würde die Mehrheit der Befragten einem militärischen Eingreifen zustimmen. In Polen, wo das Misstrauen gegenüber Russland ebenfalls groß ist, sind es übrigens 48 Prozent, die zustimmen und 34 Prozent, die Nein sagen (der niedrigste Wert in Bezug auf alle Länder).

Auch in Bezug auf Waffenlieferungen an die Ukraine sind die Deutschen skeptisch, stimmen also der Haltung der Bundesregierung zu. Nur 19 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, das ist ebenfalls der niedrigste Wert unter allen befragten Ländern. Gegen wirtschaftliche Hilfe haben die Deutschen dagegen nichts. 71 Prozent (der dritthöchste Wert unter den Ländern) befürworten diese. Skepsis herrscht ebenfalls bezüglich eines Nato-Beitritts der Ukraine, nur 36 Prozent sprechen sich dafür aus. Zum Vergleich: In den USA sind es 62 Prozent, in Kanada 65 Prozent.

Russische Bomber: Zwischenfälle über Nord- und Ostsee
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Die Forscher zeigen zudem, wie stark die Zustimmung zur Nato insgesamt ist — und stellten das in Relation zu vergangenen Jahren. Demnach gaben in diesem Jahr nur 55 Prozent der Befragten ihre Zustimmung zu dem Militärbündnis, im Jahr 2009 waren es mit 73 Prozent noch wesentlich mehr. In Polen dagegen sank die Zustimmung zwischenzeitlich von 75 auf 64 Prozent, erreichte in diesem Jahr aber wieder 74 Prozent.

Die Studie zeigt auch, dass es bezüglich dieser Ansichten einen starken Unterschied zwischen den alten und den neuen Bundesländern gibt. Demnach denken im Osten 40 Prozent der Befragten positiv über Russlands Präsidenten Wladimir Putin, im Westen sind es nur 19 Prozent. Die Nato wiederum wird von 57 Prozent der Westdeutschen positiv gesehen, im Osten nur von 46 Prozent.

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Das Pew-Research-Center befragte auch Bürger in der Ukraine und in der Nato. Die Ukrainer wollen demnach mehrheitlich keine militärische Lösung des Konflikts in ihrem Land, sondern setzen auf eine Verhandlungslösung. Zudem wünschen sich 67 der Befragten eine EU-Mitgliedschaft, 53 Prozent einen Beitritt zur Nato.

In Russland wiederum genießt Putin wachsendes Vertrauen. 88 Prozent der Befragten vertrauen ihrem Präsidenten, der höchste Wert für ihn seit 2003. Auch sehen 63 Prozent ihr Land positiv, ein Plus von 34 Prozent in gerade einmal zwei Jahren. Und 61 Prozent der Russen sind zudem der Ansicht, dass "Teile anderer Länder tatsächlich zu Russland gehören".

(das)
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