Nach symbolischer Volksabstimmung Opposition in Venezuela kündigt zivilen Ungehorsam an

Caracas · Mit einer symbolischen Volksabstimmung hat die Opposition in Venezuela ein Zeichen gegen die Politik von Präsident Nicolás Maduro gesetzt. Nun will sie die Proteste verschärfen.

 Pressekonferenz von Oppositionellen in Venezuela.

Pressekonferenz von Oppositionellen in Venezuela.

Foto: rtr, CGR/BSP

Eine Koalition aus rund 20 Oppositionsparteien startete am Montag eine Kampagne mit dem Titel "Stunde Null", die sich gegen die geplante Wahl einer verfassunggebenden Versammlung am 30. Juli richtet. Zuvor hatten in einer symbolischen Volksabstimmung mehr als sieben Millionen Menschen eine geplante Verfassungsänderung abgelehnt.

"Wir müssen die Straßenbewegung eskalieren und vertiefen", erklärte der Präsident der Nationalversammlung, Julio Borges, am Montag in einem Radiointerview. In den zwei Wochen vor der Wahl sollen die Bürger nach dem Willen der Opposition zivilen Ungehorsam zeigen.

Im von einer Wirtschaftskrise geschüttelten Venezuela hat die Opposition eine klare Mehrheit im Kongress. Maduro will die Verfassung umschreiben lassen, nach Ansicht der Opposition mit dem Ziel, die letzten noch funktionierenden Mechanismen zur Kontrolle seiner Macht auszuschalten. Die Opposition wirft der sozialistischen Regierung zudem vor, die Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung so zu organisieren, dass deren Unterstützer dort die Mehrheit bekommen.

In der symbolischen Abstimmung wandten sich mehr als 7,1 Millionen Wähler gegen die geplante Verfassungsreform, wie die Opposition am Sonntagabend in Caracas mitteilte. Die Regierung hatte die Abstimmung zuvor als unzulässig bezeichnet.

Beobachter nannten das Votum beeindruckend, wiesen jedoch darauf hin, dass die Unterstützung für die Opposition geringer war als bei der Parlamentswahl 2015. Damals lag sie bei 7,7 Millionen Stimmen. Auch habe Maduro bei seinem knappen Wahlsieg 2013 etwa 7,5 Millionen Stimmen erhalten und damit ebenfalls mehr als die Opposition jetzt.

Die Opposition erklärte die vergleichsweise geringe Zahl der Stimmen damit, dass sie nur 2000 Abstimmungslokale habe organisieren können. Regierungsgegner äußerten sich enttäuscht. "Ich dachte, es würden mehr werden", sagte die 56-jährige Beratungslehrerein Mariela Arana.

In einem Stadtteil von Caracas wurde eine 61-Jährige bei einer Schießerei getötet. Vier weitere Menschen wurden verletzt, als paramilitärisch organisierte Regierungsanhänger auf Motorrädern Wähler umkreisten, die in einer Kirche gegen die geplante Umschreibung der Verfassung stimmen wollten, wie der Bürgermeister des Stadtbezirks, Carlos Oscariz, sagte.

Noch bevor die Stimmen ausgezählt waren, präsentierte sich Maduro im Staatsfernsehen und machte abermals die Opposition für die Gewalt im Land verantwortlich. "Ich rufe die Opposition auf, zum Frieden zurückzukehren, die Verfassung zu respektieren, sich hinzusetzen und zu reden", sagte er. "Lasst uns eine neue Gesprächsrunde, einen Dialog des Friedens, beginnen." Den tödlichen Zwischenfall in Caracas erwähnte er nicht.

Zeitgleich nahmen Regierungsanhänger an einer Probeabstimmung für die Wahl am 30. Juli teil, mit der die Zusammensetzung der verfassungsgebenden Versammlung bestimmt werden soll. Die Beteiligung war offenbar niedriger als bei der Abstimmung der Opposition.

(oko/ap)
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