Johannesburg Die Welt nimmt Abschied von Mandela

Johannesburg · Zur zentralen Trauerfeier für Südafrikas Versöhner kamen 90 000 Menschen – darunter US-Präsident Obama und Bundespräsident Gauck.

Obama, Cameron und Thorning Schmidt machen ein Selfie
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Zur zentralen Trauerfeier für Südafrikas Versöhner kamen 90 000 Menschen — darunter US-Präsident Obama und Bundespräsident Gauck.

Regen ist ein Zeichen für den Segen der Ahnen, glauben viele Südafrikaner. Insofern passte das schlechte Wetter zur zentralen Trauerfeier für Nelson Mandela im Johannesburger FNB-Stadion. Dort hatte der Friedensnobelpreisträger im Februar 1990, nur zwei Tage nach der Freilassung aus 27 Jahren Haft, seine erste Rede in Johannesburg gehalten. Und dort hatte er sich am 11. Juli 2010, am Finaltag der Fußball-Weltmeisterschaft, zum letzten Mal öffentlich gezeigt. Körperlich bereits stark angeschlagen und auch geistig nicht mehr auf der Höhe, drehte er damals mit Ehefrau Graca Machel auf einem Golfwagen sitzend eine Ehrenrunde.

Die gestrige offizielle Gedenkfeier begann mit einstündiger Verspätung mit dem Singen der südafrikanischen Nationalhymne. Rund 90 amtierende und zehn ehemalige Staats- und Regierungschefs aus aller Welt kamen, um Abschied zu nehmen von Nelson Mandela, der am Donnerstag im Alter von 95 Jahren an einer Lungeninfektion gestorben war.

Die vier US-Präsidenten Jimmy Carter, Bill Clinton, George W. Bush und Barack Obama zählten zu den bekanntesten Gesichtern in einem Tross an Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Unterhaltung. Auch 90 000 Südafrikaner trotzten dem Dauerregen. Eigentlich hatten die Organisatoren mit weit über 100 000 Menschen gerechnet. Überall war deshalb das Orange der leeren Sitze im Stadion zu sehen.

Die Gästeliste auf der Trauerfeier war lang: Neben den Musikern Bono und Peter Gabriel, der US-Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey oder dem britischen Geschäftsmann Richard Branson wurde vor allem die Anwesenheit des britischen Topmodels Naomi Campbell vermerkt. Die 43-Jährige hatte Mandela in den vergangenen Jahren regelmäßig besucht, weil sie in ihm nach eigenem Bekunden eine Art Ersatzvater sah. Auch Jesse Jackson kam. Der US-Bürgerrechtler hatte sich jahrelang in Mandelas Licht gesonnt und musste bei dessen erster Rede nach der Freilassung fast gewaltsam darin gehindert werden, mit Mandela vor die wartenden Menschen zu treten.

Mandelas Charme und Humor, vor allem sein so unprätentiöser Umgang mit denen, die er traf, machten ihn weltweit zum Star — vor allem bei den Machthabern unterschiedlichster ideologischer Herkunft. Noch im Tod machte der Friedensnobelpreisträger möglich, Staatslenker zusammenzubringen, die sonst wohl nicht einmal bei den Vereinten Nationen ein Podium teilen würden. Der neue iranische Präsident Hassan Rohani, Raúl Castro aus Kuba und Robert Mugabe aus Simbabwe trafen auf der Ehrentribüne mit westlichen Führern wie David Cameron aus Großbritannien, François Hollande aus Frankreich und vier amerikanischen Präsidenten zusammen. Für Deutschland nahm Bundespräsident Joachim Gauck an der Trauerfeier teil.

Symptomatisch für den von Mandela gepredigten Geist der Toleranz war auch, dass US-Präsident Obama auf dem Weg zum Podium kurz die Hand von Kubas Staatschef Raúl Castro schüttelte. Eine beispiellose Geste zweier Männer, deren Länder seit mehr als einem halben Jahrhundert miteinander im Clinch liegen. Es war das erste Mal in den vergangenen 60 Jahren, dass sich die Präsidenten der beiden Staaten die Hand gaben. Obama wolle die Geste als Zeichen seines guten Willens verstanden wissen, sich Feinden der USA anzunähern, sagte ein Vertreter der amerikanischen Regierung.

Ein gutes Verhältnis hatte Mandela zur Queen. Die beiden sprachen einander mit Vornamen an. Ein Cartoon des südafrikanischen Karikaturisten Zapiro, der im Stadion die Runde machte, zeigt beide bei einer Kutschfahrt durch London. Am Bildrand steht ein Polizist, der sich zu seinem Kollegen umdreht und entnervt sagt: "Der nächste verdammte Tourist, der mich fragt, wer die kleine alte Dame neben Mandela ist, kriegt es mit mir zu tun."

(RP)
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