Parlamentswahlen in Russland Medwedews geheimer Palast und der russische Wahlkampf

Düsseldorf · 80 Hektar groß, ein historisches Anwesen, ein Ski-Lift, purer Luxus. Kurz vor den Parlamentswahlen am Sonntag kommt heraus, dass Ministerpräsident Dmitri Medwedew offenbar ein millionenschweres Anwesen besitzt. Ein Skandal, der die Wähler beeinflussen könnte?

 Dmitri Medwedew steht in Verdacht ein Luxus-Anwesen zu besitzen.

Dmitri Medwedew steht in Verdacht ein Luxus-Anwesen zu besitzen.

Foto: Screenshot Youtube / Alexei Navalny

Viktor sitzt in seiner kleinen Wohnung. Im Gegensatz zu manch einem Politiker kann er von Palästen nur träumen. Der Pensionär lebt in Sewastopol, der größten Stadt auf der Krim. Auch wenn die Regierung in Kiew — und 100 weitere UN-Mitgliedsstaaten — die Halbinsel noch immer als ukrainisches Territorium ansehen, hat Viktor einen russischen Pass. Am Sonntag will der 65-Jährige von seinem Stimmrecht Gebrauch machen und bei den russischen Parlamentswahlen abstimmen.

"Wir sind auf dem richtigen Weg", sagt er. Seit der Annexion im März 2014 tue sich eine Menge auf der Krim. "Neue Straßen werden gebaut, die Infrastruktur wird immer besser und endlich passiert auch was im Kampf gegen die Korruption." Die Frage ist allerdings: Wer kämpft hier gegen wen?

Am Donnerstag veröffentlichte der regierungskritische Blogger Alexei Navalny ein Video, in dem eine Drohne über ein 80 Hektar großes Anwesen fliegt. Es handele sich dabei um die geheime Datscha — der Begriff steht eigentlich für ein kleines Wochenendhaus — des russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew, schreibt Navalny in einem Blogbeitrag.

Einen deutschen Politiker würde ein solcher Vorwurf mächtig unter Druck setzen — zumal er nicht unbegründet scheint. Denn: Ein solches Anwesen erinnert mehr an den Lebensstil russischer Zaren und eher nicht dem eines modernen Volksvertreters.

Das Luxus-Anwesen liegt direkt an der Wolga und ist knapp 400 Kilometer nord-östlich von Moskau entfernt. Es ist so groß, dass der Kreml fasst drei Mal drauf passen würde. Ein sechs Meter hoher Zaun trennt die "Datscha" von der Außenwelt. Eigener Ski-Lift, Fußball-Platz, Schwimmbad und ein historisches Gebäude aus dem Jahre 1775 — gespart wurde hier nicht. Aber gehört es auch wirklich dem russischen Ministerpräsidenten?

Navalny hat daran nicht die geringsten Zweifel: "Er ist häufig dort, das beweisen die Geo-Tags seiner Instagram-Posts." Als Beispiel führt er das folgende Foto eines Pilzkorbes an, das Medwedew am 15. September 2013 auf seinem offiziellen Kanal veröffentlichte.

Navalny veröffentlichte zusätzliche Dokumente, die beweisen sollen, wie das Geld zusammengekommen sei. Er schätzt den Wert auf 25 bis 30 Milliarden Rubel, also etwa 400 Millionen Euro. Eine Summe, die das Einkommen des Ministerpräsidenten weit überschreitet. Regierungskritiker Navalny erhebt damit den Vorwurf, Medwedew habe von dubiosen Spendengeldern profitiert, die eigentlich für wohltätige Zwecke vorgesehen waren.

Medwedews Pressesprechin Natalia Timakova erklärte in einem siebenzeiligen Schreiben, dass es sich bei der Datscha nicht um das Eigentum des russischen Ministerpräsidenten oder dessen Familie handelt. Er hätte es auch nicht gemietet. Ein klares Dementi der schweren Vorwürfe sieht anders aus.

Und was sagt Viktor? "Das interessiert die Leute nicht und ist bei uns kein Wahlkampfthema." Menschen und Medien würden Dmitri Medwedew nur wenig Beachtung schenken und der Oppositionelle Alexei Navalny spiele ohnehin nur im Netz eine Rolle.

Zum alles entscheidenden Wahlkampfthema taugt das "Datscha-Gate" jedenfalls nicht. Auf den Staatssendern debattieren die immer gleichen Gesichter. Prognosen zufolge wird sich an der Zusammensetzung der Duma, des russischen Parlaments, nicht viel ändern. Die Beliebtheitswerte von Präsident Wladmir Putin sind konstant hoch. Seine Partei "Einiges Russland", die übrigens von Dmitri Medwedew angeführt wird, wirbt stolz mit dem Präsidenten. Und dieser wirbt betont neutral und staatsmännisch für eine hohe Wahlbeteiligung.

"Putin wird von der großen Mehrheit sehr respektiert", sagt Viktor. Er selber habe sich bereits entschieden und werde einen Abgeordneten wählen, den er schon lange kennt — der ist allerdings kein Mitglied in Putins Partei.

(gol)
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