Chaos im Weißen Haus Trump feuert Stabschef Reince Priebus

Washington · Per Twitter hat US-Präsident Donald Trump die Entlassung seines Stabschefs Reince Priebus verkündet. Nachfolger soll John Kelly werden, bislang Minister für Heimatschutz.

 US-Präsident Trump mit dem scheidenden Stabschef Priebus (Archiv).

US-Präsident Trump mit dem scheidenden Stabschef Priebus (Archiv).

Foto: rtr, CB /mel/TB

Der Postenpoker in Washington erinnert bisweilen fast an ein Shakespeare-Drama. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht irgendein Stuhl wackelt oder gar fällt. Nun hat es Stabschef Reince Priebus erwischt.

Hintergrund war ein interner Machtkampf im Weißen Haus - seit der Ernennung von Anthony Scaramucci zum neuen Kommunikationschef hatte sich dieser klar zuungunsten von Stabschef Priebus entwickelt. Am Freitag teilte US-Präsident Donald Trump dann über Twitter mit, Priebus werde durch Heimatschutzminister John Kelly ersetzt. Über Kelly hat Trump sich wiederholt lobend geäußert, zuletzt bezeichnete er ihn als wahren Star seiner Regierung. Der Präsident verweist vor allem auf Kellys harte Haltung und Erfolge in Einwanderungsfragen. Die "Washington Post" zitierte Vertraute Kellys, in ihm sei endlich ein Erwachsener im Weißen Haus.

Das Amt des Stabschefs dient klassischerweise als Schnittstelle zwischen dem US-Präsidenten und seinen Mitarbeitern. Scaramucci berichtet jedoch direkt an Donald Trump, ähnlich wie mehrere andere Berater auch. Experten fragten sich daher, welche Funktion Priebus überhaupt noch hatte.

Nun ist es nicht so, dass Priebus bloß hinter den Kulissen dezent entmachtet wurde. Wie schon bei anderen Personalien, setzten Trump und sein Team auf offene Diskreditierung. In einem Interview mit dem Magazin "The New Yorker" bezeichnete Scaramucci den Stabschef am Donnerstag als einen "paranoiden Schizophrenen". Per Twitter deutete er zudem an, Priebus sei womöglich eine der von Trump verteufelten "undichten Stellen", die interne Informationen an die Medien gäben.

Priebus hatte sich ausdrücklich dagegen ausgesprochen, Scaramucci ins Team zu holen - genau wie Pressesprecher Sean Spicer, der vergangene Woche zurückgetreten war. Stabschef Priebus hatte im spannungsreichen Gefüge innerhalb des Weißen Hause damit einen Freund weniger und einen Feind mehr. Weitere Priebus-Vertraute, die ebenfalls gehen mussten sind Michael Short, der in der Presse-Abteilung gearbeitet hatte, und die stellvertretende Stabschefin Katie Walsh.

Trump selbst hatte noch am Dienstag in einem Interview mit dem "Wall Street Journal" gesagt, es seien keine weiteren Personaländerungen unmittelbar geplant. Doch bereits zu diesem Zeitpunkt hieß es aus dem Umfeld des Präsidenten, dass er intern verschiedene Namen als mögliche Nachfolger von Priebus ins Spiel gebracht habe. Bei einer öffentlichen Veranstaltung im Weißen Haus am Donnerstag trat der Stabschef dennoch auf, als sei alles in bester Ordnung. Auf Fragen zu den Berichten über ihn und sein Amt reagierte er nicht.

Dass Beleidigungen und öffentliche Demütigungen bei Trump gewissermaßen zum Stil gehören, musste Priebus schon bei früheren Gelegenheiten erfahren. Bei einem Treffen mit Vertretern der Automobilbranche im US-Staat Michigan im März lobte der Präsident die anwesenden Manager. "Und dann schaue ich mir Reince an", sagte er mit einem Tonfall, der wohl nahelegen sollte, dass er vergleichbare Leistungen von seinem Stabschef kaum erwarten könne. In die vereinzelten Lacher im Publikum hinein fügte er immerhin schnell hinzu, Priebus habe "eine guten Job gemacht".

Untergrabene Autorität

Vom ersten Tag an ließ Trump die Autorität seines Stabschefs untergraben - angefangen mit der Ankündigung des ungewöhnlichen Arrangements, laut dem Priebus und Chefstratege Stephen Bannon als "gleichrangige Partner" an der Umsetzung seiner politischen Agenda arbeiten sollten. Die Liste derer, die sich unter Umgehung des Stabschefs direkt mit dem Präsidenten absprechen, war seitdem immer länger geworden. Neben Scaramucci taten dies etwa der Social-Media-Verantwortliche Dan Scavino und die Beraterin Kellyanne Conway sowie die Trump-Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner, die beide ebenfalls als Berater im Weißen Haus arbeiten.

Berichten zufolge soll Trump sogar eine Arbeitsatmosphäre pflegen, bei der jeder kurz den Kopf durch seine Tür stecken kann, wenn es etwas zu klären gibt. "Es laufen dort alle möglichen Chefs herum, ob mit oder ohne Titel", sagt William Daley, der unter Barack Obama Stabschef war. Auch Trumps Vorgänger habe mit bestimmten Personen zwar direkt kommuniziert. Er als ranghöchster Mitarbeiter sei aber stets in alle wichtigen Gespräche einbezogen worden, so Daley. "Die Grundhaltung war die, dass alle an einem Strang ziehen."

Ari Fleischer, der unter George W. Bush Stabschef war, betont allerdings, dass die Rolle des Amtes durchaus unterschiedlich interpretiert werden könne. George Bush senior habe das Weiße Haus sehr hierarchisch geführt, mit einem Stabschef, der die Kontrolle über den Zugang zu ihm gehabt habe. Dessen Sohn dagegen habe ein offeneres System etabliert, bei dem mehrere Berater oft direkt in sein Büro gekommen seien, obwohl sie formell jemand anderem berichtet hätten. Der Unterschied heute sei der, dass Trump sich ein Umfeld mit mehreren Fraktionen geschaffen habe, sagt Fleischer. "Ich denke, dass es zu viele unabhängige Machtzentren gibt und zu wenige Team-Player."

Im Team um Trump zog Priebus nun offenbar gegen Scaramucci den Kürzeren. Der Präsident dankte Priebus für seine Dienste und sein Engagement: "Wir haben viel zusammen erreicht und ich bin stolz auf ihn." Mit Kelly werde nun ein "echter Star" auf den Posten des Stabschefs rücken.

(rls/jco/AP)
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