Oberster Gerichtshof Trumps Wunschkandidat Gorsuch geht auf Distanz

Washington · Neil Gorsuch, der Wunschkandidat der Republikaner fürs Oberste Gericht, hat unerwartete Spitzen gegen Donald Trump geäußert. Erstmals kritisiert er auch die Juristenschelte des US-Präsidenten öffentlich.

 Neil Gorsuch wird mehrere Tage vom Justizausschuss in Washington befragt.

Neil Gorsuch wird mehrere Tage vom Justizausschuss in Washington befragt.

Foto: rtr, JPR/HH

Abtreibungen, Waffengesetze und Folter: Richterkandidat Gorsuch windet sich auch am zweiten Tag seiner Bestätigungsanhörung vor dem Justizausschuss durch Streitthemen. Doch er äußert auch unerwartete Kritik an US-Präsident Trump.

Er habe Trump keine Versprechen dazu gemacht, wie er bei umstrittenen Themen wie Abtreibung abstimmen würde, betonte Gorsuch. Als Richter habe er kein Problem damit, jeden zur Rechenschaft zu ziehen - auch nicht den Präsidenten, der ihn ausgesucht habe.

Zudem kritisierte er erstmals öffentlich die Verbalattacken Trumps gegen einen Bundesrichter. Die Zweifel an der Ehrlichkeit, der Integrität und der Beweggründe von Bundesrichtern sei "entmutigend" und "demoralisierend", sagte Gorsuch bei der Anhörung. "Ich kenne diese Menschen und ich weiß, wie anständig sie sind."

Kritische Worte erstmals öffentlich

Trump hatte im Februar den Richter, der das erste Einreiseverbot der US-Regierung außer Kraft gesetzt hatte, James Robart, auf Twitter als "sogenannten Richter" bezeichnet. Gorsuch hatte dies bereits zuvor in einem privaten Treffen mit dem demokratischen Senator Richard Blumenthal kritisiert. Er hatte es bisher aber nie öffentlich kommentiert.

Gorsuch sagte zudem, er und Trump hätten das Thema Abtreibung bei einem Gespräch vor der Nominierung diskutiert. Dabei sei es aber nur darum gegangen, wie stark umstritten es sei. Viele Fragen drehten sich darum, wie Gorsuch zu Schwangerschaftsabbrüchen steht. Trump hatte vor der Nominierung eines Richters angekündigt, er werde Richter aussuchen, die Abtreibungen durchweg ablehnen.

"Niemand steht über dem Gesetz"

Zu dem nun zum zweiten Mal vorerst außer Kraft gesetzten Einreiseverbot der Trump-Regierung für Bürger aus mehreren mehrheitlich muslimischen Ländern äußerte sich Gorsuch nicht. Zu einer Positionierung zur Frage gedrängt, ob Trump Folter als Verhörmethode seines Landes wiedereinführen könnte, sagte er: "Niemand steht über dem Gesetz."

Der Justizausschuss entscheidet bei Nominierungen für den Obersten Gerichtshof traditionell darüber, ob er den Kandidaten empfiehlt oder nicht. Die endgültige Entscheidung liegt dann beim kompletten Senat.
Republikaner haben erklärt, dass sie Gorsuch gerne vor einer zweiwöchigen Pause des Kongresses am 7. April bestätigt sähen. Die Anhörung Gorsuchs ist auf vier Tage angesetzt.

Amt auf Lebenszeit

Sollte Gorsuch bestätigt werden, würde er den Posten des im Februar 2016 verstorbenen Richters Antonin Scalia einnehmen. Die höchsten Richter werden praktisch auf Lebenszeit berufen, weshalb der frühere US-Präsident Barack Obama noch vor dem Ende seiner Amtszeit einen Nachfolger für den konservativen Scalia einsetzen wollte. Das hätte die politische Ausrichtung des höchsten US-Gerichts vermutlich auf Jahrzehnte hinaus beeinflusst.

Die mehrheitsführenden Republikaner hatten das damals verhindert, was den Demokraten bis heute sauer aufstößt. Allerdings sind sie sich uneins, wie sehr sie die Bestätigung Gorsuchs bekämpfen sollen.

(juju)
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