Donald Trump und Syrien Eine Eskalation mit Ansage

Washington · Der von US-Präsident Donald Trump angekündigte Angriff auf Syrien könnte den Konflikt in eine neue Richtung lenken. Immerhin erhöht die Vorwarnung die Wahrscheinlichkeit, dass keine russischen Einheiten getroffen werden. Dennoch sind die Folgen eine Angriffs schwer abzuschätzen.

 Ein Tomahawk wird vom US-Zerstörer USS Porter abgefeuert. Die Aufnahme stammt aus dem April 2017. Damals bombardierten die USA einen syrischen Militärflughafen nach einem mutmaßlichen Giftgaseinsatz des Assad-Regimes.

Ein Tomahawk wird vom US-Zerstörer USS Porter abgefeuert. Die Aufnahme stammt aus dem April 2017. Damals bombardierten die USA einen syrischen Militärflughafen nach einem mutmaßlichen Giftgaseinsatz des Assad-Regimes.

Foto: dpa

Als Präsidentschaftskandidat hatte Donald Trump für seine Vorgänger im Weißen Haus nur Hohn und Spott übrig, wenn es um militärische Entscheidungen im Nahen Osten ging. Barack Obama zum Beispiel habe mit einer klaren Ankündigung des Rückzugs aus dem Irak den Gegnern der Amerikaner einen großen Gefallen getan, sagte Trump damals. Er selbst werde den Feind niemals wissen lassen, was er vorhabe. Nun aber hat der Präsident gegen den eigenen Vorsatz verstoßen und per Twitter von einem bevorstehenden Raketenangriff der USA auf Syrien gesprochen. Für die Region hätte ein amerikanischer Donnerschlag unabsehbare Folgen.

Viele Beobachter gehen davon aus, dass Trump diesmal anders handeln wird als vor einem Jahr. Im April 2017 ließ der damals frisch ins Amt gekommene Präsident nach einem mutmaßlichen Giftgaseinsatz der syrischen Regierung jenen Militärflughafen bombardieren, von dem aus die Mission der syrischen Jets gestartet worden war. Mehr als 50 Marschflugkörper feuerten die Amerikaner ab - doch es blieb bei diesem begrenzten Militärschlag.

Möglich sind diesmal Militärschläge, die nicht auf syrische Giftgasfabriken oder Luftwaffenstützpunkte beschränkt bleiben. Zu den Zielen, die von amerikanischen Medien und Denkfabriken genannt werden, zählen Eliteeinheiten von Präsident Baschar al Assad wie die 4. Panzerdivision, die Revolutionsgarde oder die "Tiger-Truppe". Auch Raketenangriffe auf Assads Präsidentenpalast in Damaskus sind denkbar. Ein Einsatz von US-Bodentruppen über die rund 2000 im nordsyrischen Kurdengebiet stationierten Soldaten hinaus wird jedoch nicht erwartet. Unwahrscheinlich ist auch, dass Trumps angekündigte Militärschläge ein langfristiges Engagement der USA im Syrien-Krieg einleiten. Erst vorige Woche hatte der Präsident den bevorstehenden Abzug der USA aus dem Bürgerkriegsland verkündet, der laut Medienberichten bis zum Herbst abgeschlossen sein soll.

Grundsätzlich wird die erwartete US-Reaktion von dem Ziel bestimmt, Assad für die jüngsten Giftgasangriffe einen so hohen Preis zahlen zu lassen, dass er den Einsatz dieser Waffen künftig unterlässt. Dabei wollen die Amerikaner jedoch darauf achten, keine russischen Kampfflugzeuge zu treffen - das dürfte einer der Gründe für Trumps öffentliche Ankündigungen gewesen sein.

Je nach Art und Stärke der amerikanischen Strafaktion gegen Assad sind erhebliche Auswirkungen auf den Krieg in Syrien und auf die Akteure in dem Konflikt zu erwarten. Die USA werden alles daransetzen, die absehbaren Spannungen mit Russland auf ein Minimum zu begrenzen. Dennoch würden drastische Verluste für Assads Militärs den Ruf Russlands als mächtigen Beschützers der syrischen Regierung erschüttern. Wladimir Putin will den Konflikt in Syrien möglichst rasch beenden, um sein Land als Nahost-Macht und Friedensbringer zu etablieren. Der von Trump angekündigte Rückzug der USA aus Syrien passte perfekt zu diesem Plan. Ein massives Eingreifen der Amerikaner würde dieses Vorhaben jedoch erschweren.

Eine massive, vielleicht über mehrere Tage hinweg fortgesetzte Welle von Angriffen gegen das syrische Regime könnte den in jüngster Zeit in Bedrängnis geratenen Rebellen eine Atempause verschaffen. Nach der Niederlage der Aufständischen in Ost-Ghuta wurde bisher eine Großoffensive der Syrer und der Russen im nordwestsyrischen Idlib erwartet; diese Offensive würde sich möglicherweise verzögern, wenn große Teile der syrischen Luftwaffe ausgeschaltet würden. Assad wurde vor drei Jahren durch das Eingreifen Russlands vor einer Niederlage im Bürgerkrieg gerettet - nun könnten seine Gegner von der Intervention der zweiten Supermacht profitieren.

Auch der Assad-Partner Iran wäre durch eine groß angelegte US-Militäraktion in Syrien betroffen. Teheran ist durch den Einsatz der iranischen Revolutionsgarden und diverser Milizen tief in den Syrien-Krieg verstrickt, sieht sich jedoch Protesten der eigenen Bevölkerung wegen der teuren Auslandseinsätze ausgesetzt. Von Bedeutung ist zudem die Tatsache, dass auch Israel seine Angriffe in Syrien in jüngster Zeit verschärft. Der jüdische Staat fühlt sich durch die Konzentration iranischer Milizen, libanesischer Hisbollah-Kämpfer und syrischer Truppen auf der syrischen Seite der Golan-Höhen bedroht und versucht immer häufiger, mithilfe seiner Luftwaffe die Gegner dort zu stören.

Den Gegner im Ungewissen zu lassen, gehört zu altbewährten Mitteln der Kriegführung. Trumps Twitter-Taktik vor den erwarteten US-Schlägen in Syrien hat dagegen einige Nachteile, wie bereits sichtbar wurde: Nach Medienberichten zogen die syrischen Streitkräfte einige Einheiten von exponierten Stellungen ab, um nicht Ziel amerikanischer Marschflugkörper oder Kampfflugzeuge zu werden.

(RP)
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