Flüchtlinge auf Flughäfen festgehalten Gericht friert Teile von Trumps Einreiseverbot ein

New York · Es ist eine erste Schlappe für US-Präsident Trump: Bürgerrechtler sind gegen seine Einreisebeschränkungen für Menschen aus sieben muslimischen Ländern vor Gericht gegangen - und haben einen Teilerfolg errungen.

 Wiedersehen mit der Familie: Mahdi Radgoudarzi aus Sacramento, Kalifornien, wurde nach seiner Rückkehr aus Teheran zunächst am Flughafen von San Francisco festgehalten. Nach einigen Stunden durfte er doch noch einreisen und seine Frau und Tochter in die Arme schließen.

Wiedersehen mit der Familie: Mahdi Radgoudarzi aus Sacramento, Kalifornien, wurde nach seiner Rückkehr aus Teheran zunächst am Flughafen von San Francisco festgehalten. Nach einigen Stunden durfte er doch noch einreisen und seine Frau und Tochter in die Arme schließen.

Foto: ap, MS

US-Präsident Donald Trump hat seine erste Schlappe erlitten. Ein Gericht in New York fror in der Nacht zum Sonntag einen Teil seines Einreisestopps für viele Muslime ein. Mit dem Urteil errangen Bürgerrechtsorganisationen im Kampf gegen Trumps Dekret vom Freitag einen wichtigen Teilsieg. Der Gerichtsentscheid legt nahe, dass der Erlass gegen die US-Verfassung verstößt. Die Klärung soll vermutlich in einigen Wochen erfolgen.

Das Gericht verfügte, dass seit Freitag in den USA eingetroffene Flüchtlinge oder Besucher aus den vom Bann betroffenen Ländern zunächst nicht in ihre Heimat zurückgeschickt werden dürfen. Voraussetzung ist der Besitz eines gültigen Visums oder einer Greencard, der Schutzstatus des Flüchtlingsprogramms der USA oder eine andere offizielle Berechtigung, in die USA einzureisen.

Der Spruch gilt landesweit. Noch ist nicht klar, ob alle Festgehaltenen auf freien Fuß gesetzt werden müssen. Die Regierung ist angehalten, eine Liste aller Festgehaltenen zu veröffentlichen. Vermutlich sind es etwa 200 Menschen.

Richterin Ann M. Donnelly begründete ihre Entscheidung unter anderem so: "Es besteht bei fehlender Begründung der Abschiebung die unmittelbare Gefahr substanzieller und irreparabler Schäden für Flüchtlinge, Visa-Inhaber und Individuen derjenigen Nationen, die vom präsidialen Erlass des 27. Januar betroffen sind."

Trumps Anordnung hatte zur Folge, dass Einreisende nach ihrer Ankunft auf US-Flughäfen in Gewahrsam genommen und am Verlassen des Transitbereichs gehindert worden waren. Allein auf dem Kennedy-Airport in New York und auf den internationalen Flughäfen von Chicago, Houston und Washington DC wurden Dutzende Ausländer bei der Einreise abgefangen.

Das von Trump verfügte vorläufige Einreiseverbot für viele Muslime hatte zahlreiche Menschen in Verzweiflung gestürzt und Chaos auf Flughäfen in etlichen Teilen der Welt ausgelöst. Von Irakern über Jemeniten bis hin zu Sudanesen wurden Menschen mit gültigen Visa kurz vor ihrer Abreise auf heimischen Flughäfen oder bei Zwischenaufenthalten auf dem Weg in die USA gestoppt.

Mehrere strandeten nach ihrer Ankunft in den Vereinigten Staaten: Sie waren zum Zeitpunkt von Trumps Dekret am Freitagnachmittag
schon auf dem Weg in die USA und wurden bei ihrer Ankunft in Gewahrsam genommen.

An Flughäfen in mehreren US-Städten protestierten tausende Menschen dagegen. Allein am New Yorker Flughafen JFK waren es mehr als 1000, die friedlich demonstrierten. Sie skandierten "So sieht Demokratie aus" oder "Lasst sie rein". Auch in Metropolen wie Washington, Los Angeles, San Francisco, Chicago und Dallas gab es Demonstrationen.

Die US-Bürgerrechtsorganisation ACLU hatte zusammen mit zwei anderen Gruppen im Namen mehrerer Festgehaltener Beschwerde vor Gericht eingereicht. Die ACLU will auch die anderen Teile von Trumps Dekret angreifen.

Weltweit hatten Menschenrechtler Empörung geäußert über Trumps Verfügung. Es gab auch erste politische Konsequenzen: Der Iran lässt nach eigenen Angaben nun selbst keine US-Bürger mehr einreisen.

Menschen mit einer amerikanischen Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung müssen sich künftig vor ihrer Einreise in die USA einer zusätzlichen Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Wie das US-Präsidialamt am Samstag mitteilte, müssen Green-Card-Inhaber im Ausland vor ihrer Rückkehr in die USA zunächst eine amerikanische diplomatische Vertretung aufsuchen. Dort werde eine "Routine-Überprüfung" vorgenommen.

Damit korrigiert das US-Präsidialamt vorherige Angaben des Heimatschutzministeriums. Die Behörde hatte erklärt, dass vorübergehende US-Einreiseverbot für Bürger aus sieben muslimischen Staaten gelte auch für Green-Card-Besitzer.

Der Luftfahrtverband IATA hat sich besorgt über die Auswirkungen des US-Einreisestopps für den internationalen Flugverkehr gezeigt. Die US-Zoll- und Grenzschutzbehörde habe den Branchenverband informiert, dass Flugzeugbesatzungen aus Staaten wie dem Iran und dem Irak künftig nicht mehr in die USA gelassen würden, ging aus einer IATA-E-Mail an ihre Mitglieder hervor.

Die IATA sei sehr kurzfristig informiert worden, so dass noch viele Fragen ungeklärt seien, hieß es in der E-Mail, die der Nachrichtenagentur Reuters am Wochenende vorlag. Fluggesellschaften müssen nun ihre Crews zum Teil umstellen und können nicht mehr alle Passagiere befördern. Auf den Internet-Seiten der Fluglinien Emirates, Etihad Airways und Qatar Airways hieß es etwa, Reisende benötigten eine US-Aufenthaltsgenehmigung (Green Card) oder ein Diplomaten-Visum, um in die USA einzureisen.

Der Erlass könnte auch Einbußen für die Fluggesellschaft zur Folge haben. Allein im Jahr 2015 sind nach Angaben der US-Heimatschutzbehörde 35.000 Besucher aus dem Iran in die USA geflogen.

Trump hatte als ein Kernstück seines Anti-Terror-Kampfes einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern verfügt, die "bestimmten Anlass zur Sorge" hinsichtlich Terrorismus gäben: Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen. Flüchtlinge aus aller Welt sind zumindest für 120 Tage ausgesperrt, jene aus Syrien sogar auf unbestimmte Dauer.

Trump will die Verbote erst dann wieder aufheben, wenn "angemessene" Überprüfungsmechanismen aus seiner Sicht sicherstellen, dass keine "radikalen islamischen Terroristen" in die USA gelangen.

Am Samstag betonte er, die Maßnahmen seien nicht gleichbedeutend mit einem Muslim-Bann. Und sie funktionierten "sehr schön" - das könne man auf den Flughäfen sehen. Eine Reaktion des Weißen Hauses auf den Gerichtsentscheid gab es zunächst nicht.

Die Proteste sollen am Sonntag an mehreren Dutzend Flughäfen fortgesetzt werden. Die Nachrichtenseite thinkprogress.org führt mehr als zwanzig Orte auf.

(jco/dpa/reuters)
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