Eskalierende Gewalt in der Ukraine Drei Tote bei Demonstrationen in Kiew

Kiew · Schon tagelang gärte die Gewalt in Kiew, nun rückte die Polizei gegen Demonstranten in der ukrainischen Hauptstadt vor. Drei Menschen starben. Zwei davon wurden erschossen.

Straßenschlachten in Kiew dauern an
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Kiew (AP) - Eskalation der Gewalt zwischen Polizei und Demonstranten in der Ukraine: Bei Unruhen in Kiew wurden am Mittwochmorgen drei Menschen getötet. Zwei Männer wurden mit scharfer Munition erschossen, wie die ukrainische Staatsanwaltschaft bestätigte. Ein Dritter starb nach Oppositionsangaben nach einem Sturz aus großer Höhe. Regierung und Opposition machten sich gegenseitig für die Todesfälle verantwortlich.

Schon am Morgen waren Beamte im dichten Schneetreiben gegen Barrikaden von Regierungsgegnern vorgegangen und hatten mehrere Protestierende festgenommen. Die Demonstranten wehrten sich jedoch und drängten die Polizei zunächst auf deren ursprüngliche Positionen zurück.

Stunden später rückten Bereitschaftspolizisten erneut gegen Demonstranten vor und vertrieben Hunderte vom Schauplatz der Zusammenstöße in Richtung Unabhängigkeitsplatz. Einige Beamte schlugen zu und feuerten Schüsse ab. Das Protestcamp am Unabhängigkeitsplatz selbst blieb aber zunächst intakt.

Ministerpräsident Nikolai Asarow sagte, die Oppositionsführer seien für die Todesfälle verantwortlich zu machen. Er bestritt, dass die Polizei vor Ort scharfe Munition gehabt habe. "Als Ministerpräsident der Ukraine, erkläre ich hiermit offiziell, dass die Opfer, die es leider bereits gibt, auf dem Gewissen und der Verantwortung der Organisatoren und bestimmter Teilnehmer der massenhaften Unruhen lasten", erklärte er laut der Agentur Interfax.

Die drei wichtigsten Oppositionsparteien gaben dagegen Präsident Viktor Janukowitsch und dessen Innenminister Vitali Sachartschenko die Schuld. "Der Innenminister, der Mörder Sachartschenko, trägt die persönliche Verantwortung für diesen Akt des Terrors der Diktatur gegen Bürger", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

Steinmeier reagiert geschockt

Bemühungen um einen Dialog zwischen Regierung und Opposition waren am Dienstagabend gescheitert. Janukowitsch hatte es abgelehnt, sich mit Oppositionsführer Vitali Klitschko zu treffen. Dieser wurde stattdessen nur von Beratern des Präsidenten empfangen. Klitschko kritisierte, dass sich der Präsident nicht um die Ausschreitungen kümmere. Im Zentrum von Kiew gehe es seit zwei Tagen heiß her, sagte Klitschko.

Trotz starken Schneefalls und frostiger Temperaturen harrten in der Nacht viele Demonstranten im Regierungsbezirk in Kiew aus. Schon am späten Abend hatten sich Bereitschaftspolizisten mit Metallschildern und Helmen vor ihnen aufgebaut. Der Boden war übersät mit Steinen, in der Nähe waren ausgebrannte, mit Eis bedeckte Busse zu sehen.

Nach wochenlangen friedlichen Protesten war es seit dem Wochenende immer wieder zu Gewalt gekommen. Die Regierung hatte ein Demonstrationsverbot und scharfe Gesetze gegen ihre Gegner durchgedrückt.

Auf dem Unabhängigkeitsplatz Maidan hatten in den vergangenen zwei Monaten Hunderttausende gegen Präsident Janukowitsch demonstriert und ein Protestcamp errichtet. Anlass war zunächst Janukowitschs Abkehr von einem bereits ausgehandelten EU-Assoziierungsabkommen, doch wandte sich die Bewegung rasch allgemein gegen seine Regierung.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat derweil die tödliche Gewalt in der ukrainischen Hauptstadt verurteilt. Es seien "fürchterliche Botschaften, die uns in der Nacht erreicht haben", sagte Steinmeier am Mittwoch am Rande der internationalen Syrien-Konferenz im schweizerischen Montreux. Er "verstehe eine frustrierte Opposition, die seit Tagen und Wochen spürt, dass sich nichts bewegt".

(ap)
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