Fragestunde im russischen Fernsehen Snowden verteidigt seinen Auftritt im Putin-TV

London · Sein Auftritt in Wladimir Putins PR-Show "Direkter Draht" im russischen Fernsehen am Donnerstag hat "Whistleblower" Edward Snowden Verwunderung und Kritik eingebracht. Jetzt hat Snowden den TV-Auftritt in einem Gastbeitrag für den britischen "Guardian" verteidigt.

 Edward Snowden stellte in der TV-Sendung Fragen an Wladimir Putin.

Edward Snowden stellte in der TV-Sendung Fragen an Wladimir Putin.

Foto: ap

In einem zuvor aufgezeichneten Video hatte Snowden Putin in der mehrstündigen Sendung im russischen TV gefragt, ob Russland "die Kommunikation von Millionen Bürgern auf irgendeine Weise abfängt, speichert oder analysiert". Putin antwortete, es gebe keine "Massenüberwachung" der Bevölkerung, die Geheimdienste würden strikt überwacht.

Snowdens zweite Frage: Ob Putin es für gerechtfertigt halte, "Gesellschaften an der Stelle von Individuen unter Überwachung zu stellen", wenn die technischen Möglichkeiten dies erlaubten. Snowden stellte die Fragen auf Englisch in einem zuvor aufgezeichneten Video, wie sein Anwalt Anatoli Kutscherena der Nachrichtenagentur RIA Nowosti sagte. Snowden lebt nach seiner Flucht aus den USA zur Zeit an einem geheimen Ort in Moskau.

Edward Snowden als Rädchen in Wladimir Putins PR-Maschinerie? So zumindest hatten viele Beobachter den Auftritt des "Whistleblowers", der vergangenes Jahr das Überwachungsprogramm der NSA öffentlich gemacht hatte, gewertet. Snowden selbst liefert in dem Gastbeitrag für den "Guardian" eine andere Erklärung für seinen Auftritt: Er habe Putin auf klare Aussagen dazu festnageln wollen, ob Russland seine Bürger überwache - damit er später der Lüge überführt werden könnte. "Wenn wir die Wahrheit von Behauptungen von Amtsträgern überprüfen wollen, müssen wir ihnen zuerst die Gelegenheit geben, diese Behauptungen aufzustellen", schreibt Snowden.

Er habe mit Kritik an seinem Auftritt in der Sendung gerechnet, so Snowden, doch es verwundere ihn, dass seine Motive stärker diskutiert würden als Putins ausweichende Antworten auf seine Fragen.

Putin hatte auf die zweite Frage zur moralischen Vertretbarkeit geantwortet, die Art der "Massenüberwachung" der Bevölkerung, wie sie Snowden in den USA aufgedeckt hatte, sei in Russland undenkbar, da die russischen Geheimdienste unter strenger Kontrolle stünden und für die Spähoperationen einen Gerichtsbeschluss bräuchten. Er gab aber auch zu, dass "geeignete moderne Mittel" zur Verfolgung von Kriminellen und Terroristen eingesetzt würden.

Snowden betont in dem Artikel, er habe Russland keine Treue geschworen. Kritiker vermuten, sein TV-Auftritt sei der Preis für das Asyl, das ihm Putin in Russland gewährt hat. Snowden schreibt dazu: "Es hat mich überrascht, dass Menschen, die zu Zeugen geworden sind, wie ich mein Leben riskiert habe, um die Überwachungspraktiken meines eigenen Landes aufzudecken, nicht glauben können, dass ich auch die Überwachungspolitik Russlands ohne Hintergedanken kritisiere."

Mit Material der Nachrichtenagentur AFP.

(jco)
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