Recep Tayyip Erdogan Wiedereinführung der Todesstrafe in Türkei "berechtigte Forderung"

Istanbul · Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan macht deutlich: Die Meinung des Westens zur Debatte um die Wiedereinführung der Todesstrafe ist ihm gleichgültig. Das Volk habe das Recht, über das umstrittene Thema zu diskutieren.

Erdogan macht deutlich, dass ihn die Meinung des Westens nicht belangen kann.

Erdogan macht deutlich, dass ihn die Meinung des Westens nicht belangen kann.

Foto: ap, BO

Drei Monate nach dem Putschversuch in der Türkei hat Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erneut die Wiedereinführung der Todesstrafe ins Spiel gebracht. Die Rufe aus dem Volk danach seien "eine berechtigte Forderung", sagte Erdogan am Freitag bei einem Auftritt in der zentralanatolischen Stadt Konya.

Unter frenetischem Jubel Tausender Anhänger fügte er hinzu: "Was der Westen dazu sagt, interessiert mich nicht. Mich interessiert mein Volk." Die EU hat angekündigt, die Beitrittsgespräche mit der Türkei bei einer Wiedereinführung der Todesstrafe zu beenden.

Erdogan sagte, das Volk verlange vom Parlament, über die Todesstrafe zu diskutieren. So, wie das Parlament die Todesstrafe 2004 in Vorbereitung der EU-Beitrittsgespräche abgeschafft habe, so könne es sie auch wieder einführen. Der Staatschef betonte erneut, wenn ihm das entsprechende Gesetz vorgelegt werde, dann "ratifiziere ich es". Erdogan nannte die Putschisten "Mörder" und betonte, es sei nicht an der Regierung, ihnen zu verzeihen.

Erdogan warb in Konya für ein Referendum über ein Präsidialsystem mit ihm an der Spitze. "Wenn wir uns die Meinungsumfragen ansehen, so verlangt mein Volk das Präsidialsystem", sagte Erdogan. "Und ich sage unseren politischen Parteien im Parlament: Gehört die Herrschaft nicht bedingungslos dem Volk? Das tut es. Kommt, lasst uns das Volk fragen."

Justizminister Bekir Bozdag sagte am Freitag im Sender Kanal24, bei der nötigen 60-Prozent-Mehrheit im Parlament könne eine Volksabstimmung "noch vor dem Frühling" stattfinden.

Den nach dem Putschversuch verhängten Ausnahmezustand - der am Dienstag kommende Woche ausgelaufen wäre - hat Erdogan um weitere 90 Tage verlängert. Die Massenfestnahmen und Suspendierungen unter dem Ausnahmezustand dauern an: Die Staatsanwaltschaft in Ankara ordnete am Freitag die Festnahme von 189 Richtern und Staatsanwälten an, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete.

Das Bildungsministerium habe im Rahmen der Untersuchungen gegen Gülen-Anhänger 2400 weitere Lehrer vom Dienst suspendiert. Die Regierung beschuldigt den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen, für den Putschversuch vom 15. Juli verantwortlich zu sein. Mehr als 30.000 Verdächtige wurden seitdem in Untersuchungshaft genommen. Mehr als 50.000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes wurden entlassen.

(isw/dpa)
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