Der neue "zweite Mann" im Vatikan Erzbischof Parolin wird neuer Kardinalstaatssekretär

Rom · Fünfeinhalb Monate nach seiner Wahl zum Oberhaupt der katholischen Kirche hat Papst Franziskus über die Neubesetzung eines zentralen Postens im Vatikan entschieden. Der 76-Jährige benannte am Samstag den aus Italien stammenden 58-jährigen Kirchendiplomaten Pietro Parolin zum neuen Kardinalstaatssekretär und damit zur Nummer zwei im Kirchenstaat.

 Pietro Parolin wird den Posten als Kardinalstaatssekretär im Vatikan übernehmen.

Pietro Parolin wird den Posten als Kardinalstaatssekretär im Vatikan übernehmen.

Foto: ap, MVT

Parolin soll in dem Amt am 15. Oktober den 78 Jahre alten Italiener Tarcisio Bertone ablösen, der zuletzt stark in der Kritik stand.

"Der Heilige Vater hat den Rücktritt Seiner Eminenz Kardinal Tarcisio Bertone angenommen", hieß es in einer Mitteilung des Vatikans. Ein Wechsel in dem Amt war bereits erwartet worden.

Einerseits ist es üblich, dass ein neuer Papst den Posten des Kardinalstaatssekretärs, der nach weltlichen Maßstäben als eine Art Regierungschef fungiert, einige Zeit nach seiner Wahl neu besetzt. Andererseits liegt das im Vatikan übliche Ruhestandsalter bei 75 Jahren.

Erzbischof Parolin ist seit dem Jahr 2009 Vatikanbotschafter in Venezuela. Er wurde im Jahr 1980 zum Priester geweiht und trat sechs Jahre später in den diplomatischen Dienst des Kirchenstaats ein.

Bald wurde er nach Nigeria und im Jahr 1989 nach Mexiko entsandt, wo er sich für die rechtliche Anerkennung der katholischen Kirche durch den Staat einsetzte. Im Jahr 1992 wurde er nach Rom zurückbeordert. Dort war er im Staatssekretariat tätig, ab dem Jahr 2002 als eine Art Vizeaußenminister.

In seiner Laufbahn bemühte sich Parolin unter anderem um eine Vertiefung der Beziehungen des Vatikans zu Chinas kommunistischer Führung. Auch heikle diplomatische Verhandlungen mit Israel wurden ihm anvertraut.

Am Samstag erklärte Parolin jedoch bescheiden: "Ich spüre die große Last der Verantwortung, die auf mir lastet, mit dieser Berufung wird mir eine schwierige und herausfordernde Aufgabe anvertraut, angesichts derer meine Kräfte schwach und meine Fähigkeiten dürftig sind."

Der italienische Religionsexperte bewertete die Benennung Parolins als eine Wahl "im wahren Geist der vatikanischen Diplomatie". Der nach Maßstäben des Kirchenstaats relativ jung in das Amt berufene Geistliche werde dafür sorgen, dass die katholische Kirche "wieder gut aufgestellt ist, um ihre Weisheit und ihre Voraussicht zur Förderung des Friedens in der Welt zu nutzen".

Italiens Präsident Giorgio Napolitano warb für eine weiterhin enge Zusammenarbeit "zum Schutz von Frieden und Gerechtigkeit".

Der aus dem Amt scheidende Bertone war im Jahr 2006 von Franziskus' Vorgänger Benedikt XVI. zum Kardinalstaatssekretär ernannt worden und gilt als umstritten. Der sogenannte Vatileaks-Skandal um die Weitergabe zahlreicher Geheimdokumente an italienische Medien hatte Grabenkämpfe von Anhängern und Gegnern Bertones offenbart.

Seit seinem Amtsantritt Mitte März verfolgt Franziskus zunehmend eine Reformpolitik im Vatikan, bei der ihn Parolin unterstützen dürfte.

Der Vatikan gab am Samstag auch bekannt, dass der aus Deutschland stammende Geistliche Georg Gänswein weiterhin den päpstlichen Haushalt führen werde.

Er werde zudem seine Doppelrolle behalten und auch Privatsekretär von Benedikt XVI. bleiben, der am 28. Februar zurückgetreten war und inzwischen zurückgezogen im Vatikan lebt.

(dpa/KNA/AFP)
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