Ukraine-Krise EU beschließt Wirtschaftssanktionen gegen Russland

Brüssel · Die Botschafter der EU-Staaten haben am Dienstag in Brüssel Wirtschaftssanktionen der Europäischen Union gegen Russland beschlossen. EU-Diplomaten sagten, unter anderem sollen der russische Zugang zu den EU-Finanzmärkten erschwert und Rüstungsexporte verboten werden.

 Der russische Rubel verliert gegenüber dem US-Dollar.

Der russische Rubel verliert gegenüber dem US-Dollar.

Foto: dpa, of sh

Der Streit zwischen Brüssel und Moskau um die Russlands Unterstützung der prorussischen Separatisten in der Ukraine erreicht damit einen neuen Höhepunkt: Jetzt kommen wohl Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland.

Die Europäische Union richtet sich auf eine Kraftprobe mit Russland ein. Erstmals seit dem Ende des Kalten Krieges vor 25 Jahren wird es wieder EU-Wirtschaftssanktionen gegen Moskau geben. Politisch war man sich am Dienstag in Brüssel im Kreise der 28 EU-Botschafter schon einig, versicherten Diplomaten.

Abschneiden von den EU-Finanzmärkten

Vor dem endgültigen Beschluss galt es aber noch, das Kleingedruckte im Text der EU-Verordnungen durchzuarbeiten. Dass dies früher oder später gelingen werde, stehe außer Zweifel, hieß es. Jetzt steht auch die definitive Entscheidung fest.

Den Europäern geht es vor allem darum, Russland teilweise von den Finanzmärkten der EU abzuschneiden. Schrittweise soll das geschehen - und je nach politischer Lage verschärft oder auch wieder abgemildert werden.

Alles hänge davon ab, wie Russlands Präsident Wladimir Putin sich verhalte: Ob er die prorussischen Separatisten in der Ukraine weiter unterstütze oder ob er seine schützende Hand zurückziehe.

Russland soll finanziell geschädigt werden

Nach dem Abschuss des malaysischen Passagierflugzeugs MH17 muss nach Ansicht der EU-Regierungen dringend die weitere Hochrüstung und Militarisierung der Separatisten gestoppt werden. Die Sanktionen sollten einem internen Papier der EU-Kommission zufolge "die Kosten der Krise für Russland erhöhen", die negativen Folgen für die EU begrenzen und "Platz für diplomatisches Handeln" sowie für ein weiteres Anziehen der Sanktionsschraube lassen.

Künftig sollen also keine Waffenexporte nach Russland mehr erlaubt sein. Vor allem Frankreich und mit einigem Abstand Deutschland dürften den EU-Statistiken zufolge davon betroffen sein. Altverträge wie jener über zwei französische Hubschrauberträger im Wert von 1,2 Milliarden Euro sind ausgenommen.

Auch ein Verbot, zivil und militärisch gleichermaßen verwendbare Güter an militärische Endkunden zu liefern, wird kommen. Es geht etwa um Software für Verschlüsselungssysteme, spezielle Werkzeugmaschinen und Hochleistungscomputer. Zudem soll Hochtechnologie, die Russland für Ölbohrungen beispielsweise in der Arktis braucht, nicht mehr geliefert werden.

Ziel: Staatliche Banken

Kernstück der Sanktionen ist aber, russischen Banken mit einer staatlichen Beteiligung von mehr als 50 Prozent den Zugang zu den europäischen Finanzmärkten zu kappen. Ein Handelsverbot für neue Anleihen sowie ein Verbot für EU-Bürger, russische Anleihen zu kaufen, sollen die Fähigkeit der Banken verringern, die russische Wirtschaft zu finanzieren. Zugleich soll, so heißt es in dem internen Kommissionspapier, eine "Marktunsicherheit" geschaffen werden, die auch zu Kapitalabflüssen beitragen könne.

Einen raschen Kurswechsel Putins wegen der EU-Sanktionen erwartet niemand in Brüssel. Allerdings könnten sie zu mehr politischem Druck auf den Kremlherrscher führen. Russland sei nichtmilitärisch am ehesten angreifbar über seine Verflechtung mit internationalen Märkten, heißt es.

Sanktionen können noch ausgeweitet werden

Zudem verfügten die EU und die USA über jene internationalen Zahlungssysteme, die Moskau zwingend benötige, um eigenes Geld überhaupt grenzüberschreitend bewegen zu können. Und die EU-Maßnahmen sind jederzeit ausweitbar: Sie könnten auf mehr Banken zielen, auf einzelne Unternehmen oder auf mehr Finanztransaktionen - ganz abhängig von der künftigen Lage.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte schon am Vortag der Brüsseler Sanktionsentscheidung gelassen reagiert. "Ich denke, dass jeder dabei verliert", sagte er über "einseitige Schritte". Und Russland sei "absolut in der Lage, alles selbst zu machen".

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort