Flüchtlingspakt mit der Türkei Kompromiss auf dem EU-Gipfel

Brüssel · Die Türkei und die europäischen Staaten haben sich auf einen gemeinsamen Flüchtlingspakt geeinigt. EU-Ratschef Donald Tusk sagte, der Vorschlag sei "einstimmig" angenommen worden.

 Der türkische Premierminister Ahmet Davutoglu hat dem Vorschlag zugestimmt.

Der türkische Premierminister Ahmet Davutoglu hat dem Vorschlag zugestimmt.

Foto: ap

Die Europäische Union und die türkische Regierung haben sich nach Angaben des EU-Ratschefs Donald Tusk auf ein Abkommen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise geeinigt. Zuvor hatte der finnische Regierungschef Juha Sipilä getwittert: "Türkei-Abkommen genehmigt." Sein tschechischer Kollege Bohuslav Sobotka bestätigte dies.

Demnach soll das Abkommen am 20 März in Kraft treten. Ab diesem Tag sollen dann irregulär in Griechenland ankommende Migranten in die Türkei zurückgeschickt werden können. Einem EU-Vertreter zufolge muss der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu noch abschließend zustimmen. Ein anderer hochrangiger EU-Vertreter hatte zuvor gesagt, die Türkei habe signalisiert, den jüngsten Entwurf zu akzeptieren.

In der Schlusssitzung des zweitägigen Gipfels schüttelte Merkel mit Davutoglu die Hände, der französische Präsident Francois Hollande klopfte dem Regierungschef auf die Schulter.

Die Vereinbarung sehe bei den Beitrittsverhandlungen der Türkei zur EU die Eröffnung von Gesprächen über Staatshaushalt und sonstige Finanzen bis Ende Juni vor. Bei diesem Teil der Beitrittsgespräche hätte das EU-Mitglied Zypern kein Veto-Recht. Über weitere Bereiche solle danach gesprochen werden, sagte der EU-Vertreter weiter. Die EU-Kommission solle innerhalb einer Woche eine Liste von Projekten vorlegen, die in der Türkei zur Flüchtlingshilfe finanziert werden könnten.

Mit dem am Freitag in Brüssel Maßnahmenpaket soll der Migrationsstrom über die Ägäis Richtung Europa gestoppt werden, während die Türkei im Gegenzug Zugeständnisse bei Visa-Liberalisierungen, den EU-Beitrittsgesprächen und Finanzhilfen erhält.

EU-Ratschef Donald Tusk hatte auf dem EU-Gipfel einen neuen Kompromissvorschlag vorgelegt. Dieser sei mit dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu abgestimmt, berichtet ein EU-Diplomat. Der Pakt sieht unter anderem vor, dass neu in Griechenland ankommende irreguläre Flüchtlinge in die Türkei zurückgeschickt werden können.

Dieses Verfahren solle von diesem Sonntag (20. März) an starten, berichtete der Diplomat weiter. Bisher war nur davon die Rede gewesen, dass sehr rasch mit den Rückführungen begonnen werden solle. Nun müssten die 28 EU-Chefs dem Vorschlag noch zustimmen, hieß es. Auch eine weitere Sitzung in großer Runde mit Davutoglu sei noch geplant.

Laut vorbereiteter Abschlusserklärung hatte die EU zusammen 72.000 Plätze zur legalen Aufnahme von Syrern aus der Türkei angeboten. Falls diese Zahl überschritten werde, solle die Regelung zunächst ausgesetzt werden, berichtete der Diplomat.

Menschenrechtsorganisationen äußerten heftige Bedenken. "Die EU verkauft die Menschenrechte von Flüchtlingen an die Türkei. Im Grenzstaat Griechenland drohen nun Pro-forma-Verfahren mit anschließender Masseninhaftierung und Massenabschiebung", erklärte der Geschäftsführer von Pro-Asyl, Günter Burkhardt.

Nach der Schließung der Balkanroute in Richtung Mitteleuropa harren in Griechenland mittlerweile gut 46.000 Migranten aus. Dies teilte der Krisenstab der Regierung in Athen mit. Rund 12.000 von ihnen harrten im improvisierten Lager von Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze aus. Der griechische Innenminister Panagiotis Kouroumplis verglich das Camp mit dem NS-Konzentrationslager in Dachau.

(haka/dpa/REU/AFP/AP)
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