Nach Spionage- und Abhörskandal Europa droht den USA mit Konsequenzen

Brüssel/Vilnius · Nach den Spähvorwürfen gegen die USA droht die EU-Kommission mit Konsequenzen für den Datenaustausch zwischen Europa und Amerika. In der kommenden Woche reisen EU-Experten nach Washington, um die Programme zum Austausch von Flugpassagierdaten und Bankdaten zur Terrorfahndung zu überprüfen, kündigte der Sprecher von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström am Freitag in Brüssel an.

Wer hört wen ab - und was man dagegen tun kann
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Foto: dpa, Jens Büttner

Diese Prüfung sei lange geplant gewesen. Am Montag beginnen zudem die Verhandlungen mit den USA in Washington über die Schaffung der weltgrößten Freihandelszone. "Sollte es uns nicht gelingen, den Nutzen der [...] Instrumente für unsere Bürger zu aufzuzeigen sowie die Tatsache, dass sie in vollem Einklang mit dem Gesetz umgesetzt wurden, so wird dies ihre Glaubwürdigkeit ernsthaft beeinträchtigen", sagte der Sprecher im Namen der Innenkommissarin. "In solch einem Fall sind wir verpflichtet, neu zu überdenken, ob die Bedingungen für ihre Umsetzung noch erfüllt sind."

Malmströms Sprecher mahnte die US-Regierung zur Zusammenarbeit mit den Experten: "Angesichts des Kontexts [...] zählen wir auf die volle Zusammenarbeit der USA bei der Offenlegung und Mitteilung aller relevanten Informationen".

Die Botschafter der 28 EU-Staaten bestätigten am Freitag den Termin für den Beginn der Verhandlungen mit den USA über die Schaffung der Freihandelszone. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte in Vilnius (Litauen): "Unsere amerikanischen Partner haben zugestimmt, dass die uns ernstlich beunruhigenden Fragen hinsichtlich einiger Geheimdienstaktivitäten auch Thema der Gespräche sein werden." Nach Angaben des Informanten und Geheimdienst-Spezialisten Edward Snowden haben die USA unter anderem die diplomatischen Vertretungen der EU und auch das EU-Ratsgebäude in Brüssel verwanzt und abgehört.

Barroso sagte, die EU werde in Washington nur über jene Fragen sprechen, für die sie kompetent sei - also nicht über die nationale Sicherheit einiger Mitgliedstaaten. Bei den Gesprächen in Washington werde man daher "Aufklärung in Fragen des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre von EU-Bürgern" verlangen. "Es wird auch darum gehen, wie wir in diesem Prozess des Dialogs mit den USA weitermachen", sagte er. "Dies ist ein Prozess, der hoffentlich Aufklärung bringt und der wichtig ist, um Vertrauen zu schaffen und zu verstärken, das man bei so wichtigen Verhandlungen braucht."

EU-Diplomaten sagten in Vilnius, die Botschafter der 28 EU-Staaten hätten sich am Freitag nicht darauf geeinigt, ein gemeinsames Gremium zu bilden, das mit den USA über die Geheimdienstaktivitäten in Europa sprechen soll. Verschiedene Regierungen setzen offenkundig eher auf direkte Kontakte mit den USA: So reist Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich in der kommenden Woche nach Washington.

Am Donnerstag hatte das Europaparlament gefordert, notfalls die Programme zum Datenaustausch auszusetzen. Die Abgeordneten wollen damit die amerikanische Regierung unter Druck setzen, damit sie bei der Aufklärung der Lauschvorwürfe kooperiert.

(dpa)
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