Europaparlament EU-Kritiker verlieren Fraktionsstatus

Brüssel · Die Fraktion der EU-Gegner im Europaparlament um den britischen Populisten Nigel Farage hat Schiffbruch erlitten. Nach dem Austritt eines lettischen Abgeordneten rekrutiert sich die EU-kritische Gruppe "Europa der Freiheit und der Demokratie" nun nicht mehr aus aus den vorgeschrieben sieben EU-Ländern.

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Foto: dpa, Patrick Seeger

Nach dem Austritt der lettischen Abgeordneten Iveta Grigule habe die Gruppe "Europa der Freiheit und der Demokratie (EFDD)" nicht länger wie vorgeschrieben Mitglieder aus mindestens sieben EU-Ländern und sei daher für aufgelöst erklärt worden, teilte Parlamentssprecher Jaume Duch am Donnerstag mit. Der Schritt erfolgte eine Woche vor der Abstimmung über die neue EU-Kommission.

Die EU-Gegner um Farage vermuteten eine Intrige: Die ausgeschiedene Abgeordnete Grigule habe angegeben, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und der Vorsitzende der konservativen EVP, Manfred Weber, hätten ihr gesagt, dass sie nur dann Vorsitzende der EU-Parlamentariergruppe für Kasachstan werden könne, wenn sie die Fraktion verlasse, erklärte die EFDD. "Frau Grigule hat ihr Demissionsschreiben heute Morgen im Büro von Herrn Schulz unterschrieben." Sollten sich die Dinge tatsächlich so zugetragen haben, "wäre Schulz besser als Parlamentspräsident in einer Bananenrepublik aufgehoben", kommentierte Farage.

Die europäischen Konservativen (EVP) begrüßten die Auflösung der EU-kritischen Fraktion als "erste Niederlage für die Euro-Skeptiker". Der sozialdemokratische EU-Parlamentarier Jo Leinen erklärte, es überrasche nicht, dass "Farage seinen Laden nicht zusammenhalten kann". Die einzige Gemeinsamkeit der Rechtspopulisten sei es, "Ressentiments zu bedienen und abgehalfterte Parolen gegen die Europäische Union zu verbreiten". Eine gemeinsame politische Linie oder ein Programm hätten sie nicht.

Die Auflösung der EFDD-Fraktion ist ein herber Rückschlag für den britischen Anti-EU-Populisten Farage, der mit seiner Unabhängigkeitspartei Ukip in Großbritannien sehr erfolgreich ist. Die Ukip eroberte erst kürzlich ihr erstes Mandat im Unterhaus in London.

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Farage hatte die EFDD nach der Europawahl im Mai gemeinsam mit dem italienischen Populisten und Komiker Beppe Grillo aus der Taufe gehoben. Abgeordnete von Ukip und von Grillos Partei Fünf Sterne stellten das Gros der Gruppe. Mit an Bord waren zudem Abgeordnete aus Schweden, Lettland, Litauen, Frankreich und Tschechien. Um als Fraktion anerkannt zu werden, muss eine Gruppe im EU-Parlament Mitglieder aus mindestens sieben EU-Staaten haben.

Nach dem Verlust des Fraktionsstatus müssen die EU-Gegner nun auf den Rängen der Fraktionslosen Platz nehmen, neben den Delegierten der rechtsextremen Front National aus Frankreich. Mit ihnen müssen sie sich künftig auch die Redezeit teilen. Zudem verlieren die Abgeordneten den Zugang zu Finanzmitteln und weitere Vorrechte.

(AFP)
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