Präsidentenwahl in Georgien Ex-Minister Margwelaschwili gewinnt

Tiflis · In Georgien endet die Ära von Präsident Saakaschwili – die Kontrolle liegt nun ganz bei Regierungschef Iwanischwili. Der Milliardär will die westlich orientierte Ex-Sowjetrepublik in die Demokratie führen. Doch es bleiben Sorgen, ob nicht ein neues Machtmonopol entsteht.

 Georgi Margwelaschwili ist Vertrauter des Regierungschefs Bidsina Iwanischwili.

Georgi Margwelaschwili ist Vertrauter des Regierungschefs Bidsina Iwanischwili.

Foto: afp, VANO SHLAMOV

In Georgien endet die Ära von Präsident Saakaschwili — die Kontrolle liegt nun ganz bei Regierungschef Iwanischwili. Der Milliardär will die westlich orientierte Ex-Sowjetrepublik in die Demokratie führen.
Doch es bleiben Sorgen, ob nicht ein neues Machtmonopol entsteht.

In der Südkaukasusrepublik Georgien wird der frühere Bildungsminister Georgi Margwelaschwili Prognosen zufolge Nachfolger von Staatschef Michail Saakaschwili. Damit kann das Lager von Regierungschef Bidsina Iwanischwili, der der reichste Georgier ist, künftig uneingeschränkt Macht ausüben. Saakaschwilis Kandidat, der frühere Parlamentschef David Bakradse, räumte am Sonntag seine Niederlage ein. Er wolle als Oppositionsführer die Arbeit von Regierungschef und Präsident überprüfen, kündigte er an.

Der 44 Jahre alte Margwelaschwili erhielt nach den Prognosen von zwei Fernsehsendern zwischen 66,7 und 68 Prozent der Stimmen und damit die notwendige absolute Mehrheit. Margwelaschwilis Anhänger feierten in der Hauptstadt Tiflis mit Autokorsos den Sieg.

Künftig dominiert in dem Land am Schwarzen Meer, das in die EU und die Nato strebt und keine diplomatischen Beziehungen mit Russland unterhält, das Regierungslager die Politik. Experten warnten vor einem neuen Machtmonopol. Der neue Präsident wird in der Ex-Sowjetrepublik künftig nur eine repräsentative Rolle spielen. Eine Verfassungsänderung überträgt die wichtigsten Machtbefugnisse auf das Amt des Regierungschefs. Erste aussagekräftige Ergebnisse wurden noch am Abend erwartet.

"Wir beweisen heute, dass wir typische Europäer sind"

Der Milliardär Iwanischwili hatte vor mehr als einem Jahr die Parlamentswahl gewonnen. Die Präsidentenwahl galt deshalb auch als wichtiger Stimmungstest für seine Politik. Der zuletzt umstrittene Saakaschwili, der vor knapp zehn Jahren mit der Rosenrevolution von 2003 die Führung übernommen hatte, durfte nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten.

Oppositionsführer Bakradse erhielt 17 bis 21 Prozent der Stimmen. Er sprach von einem anständigen Ergebnis und bot Margwelaschwili Zusammenarbeit an, "damit unser Land sich nach vorn bewegt und das Volk besser lebt". Die frühere Parlamentspräsidenten Nino Burdschanadse landete mit 7,5 bis 10 Prozent der Stimmen weit abgeschlagen auf dem dritten Platz.

"Wir beweisen heute, dass wir typische Europäer sind", sagte Iwanischwili. "Dies ist ein weiterer wichtiger Schritt für Georgiens unaufhörliche europäische Integration." Iwanischwili will sich bald nach der Vereidigung des neuen Präsidenten aus der Politik zurückziehen. Er sieht sein Ziel des Machtwechsels jetzt erfüllt.
Einen Nachfolger als Regierungschef werde er vermutlich am kommenden Wochenende vorschlagen, sagte der 57-Jährige.

Saakaschwili stand zuletzt in der Kritik

Bei sonnigem Wetter und spätsommerlichen Temperaturen lag die Wahlbeteiligung deutlich unter dem Wert bei der Parlamentswahl im Vorjahr. Die gut 3,5 Millionen Wahlberechtigten konnten sich zwischen insgesamt 23 Kandidaten entscheiden. Hunderttausende Georgier, die in Russland leben, konnten nicht an der Abstimmung teilnehmen.

Der Leiter der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Joao Soares, lobte Georgien als "Beispiel eines demokratischen Staates für die postsowjetischen Staaten". Die OSZE will an diesem Montag ihr Urteil über die Abstimmung bekanntgeben.

Kritiker werfen dem scheidenden Präsidenten Saakaschwili Justizwillkür sowie einen immer autoritäreren Kurs vor. Er wird auch für den Südkaukasuskrieg gegen Russland im August 2008 verantwortlich gemacht, nach dem die Zentralregierung endgültig die Kontrolle über die abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien verloren hatte.

(dpa)
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