Russland-Konflikt Steinmeier gegen Nato-Beitritt der Ukraine

Hamburg · Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erteilt den Nato-Ambitionen der neuen Regierung in Kiew eine Absage. Die neue proeuropäische Koalition hatte die Mitgliedschaft in dem westlichen Verteidigungsbündnis bei der Amtsaufnahme zum vorrangigen Ziel erklärt. Die Ansage Steinmeiers ist ein herber Dämpfer.

Das ist Frank-Walter Steinmeier
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Foto: dpa/Swen Pförtner

"Für die Bündnisfrage gilt, was ich bereits vor Monaten gesagt habe: Ich sehe partnerschaftliche Beziehungen der Ukraine mit der Nato, aber keine Mitgliedschaft", sagte Steinmeier Spiegel Online. Die Gründe für die Absage sind in der aktuellen Krise der Beziehungen zu Russland zu suchen. Der Ukraine eine Mitgliedschaft in der Nato in Aussicht zu stellen, würde die Lage erheblich verschärfen. Die russische Regierung hatte sich bereits mehrfach klar dagegen ausgesprochen.

Laut Medienbericht stellte sich der Minister auch gegen eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine. Derzeit mache es wenig Sinn, "über eine Mitgliedschaft der Ukraine in der EU in ferner Zukunft zu spekulieren", so Steinmeier. Aus seiner Sicht muss sich das Land erst stabilisieren und innere Misstände wie Korruption und Wirtschaftskrise mit entschlossenen Reformen in Angriff nehmen. Steinmeier sprach von einem "Generationenprojekt".

Im Gespräch mit dem Spiegel warnte Steinmeier vor einer dauerhaften Abspaltung der Ostukraine vom Rest des Landes. Er verwies dabei auf das Versprechen Moskaus, die Einheit der Ukraine nicht zerstören zu wollen. Außerdem forderte er die Rückkehr zu besonnener Rhetorik.

In der Region seien "die Dinge hoffentlich nicht entschieden", sagte Steinmeier laut einer Vorabmitteilung vom Sonntag. Er nehme "Russland beim Wort, dass es die Einheit der Ukraine nicht zerstören will". Die Realität spreche aber derzeit "eine andere Sprache", sagte Steinmeier. Das Ende des Konflikts sei offen.

Der Minister warnte vor einer unnötigen Schärfe im Dialog mit Russlands Staatschef Wladimir Putin. "Die rhetorische Eskalation zwischen den Hauptstädten" sei beim Gipfeltreffen der 20 weltweit führenden Industrie- und Schwellenländer vor einer Woche im australischen Brisbane und danach "gefährlich angeschwollen", sagte er. Es sei unklug, wenn Gipfel wie diese, "wo letzte Möglichkeiten zum direkten, vielleicht vertraulichen Gespräch bestehen, als öffentliches Forum inszeniert werden", sagte Steinmeier.

Die neue Regierungskoalition in der Ukraine hatte das Streben nach einem Beitritt zur Nato am Freitag zur vordringlichen Aufgabe erklärt. Der Koalitionsvertrag der fünf proeuropäischen Partei sieht vor, dass noch vor dem Jahresende ein Gesetz verabschiedet werden soll, in dem der Beitritt zum Nordatlantischen Bündnis zur Priorität erklärt wird.

Bei der Wahl am 26. Oktober hatten die proeuropäischen Parteien mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten.

Auf ihrem Gipfeltreffen in Wales Anfang September hatte die Nato als Reaktion auf den Konflikt mit Russland wegen der Ukraine beschlossen, ihre Präsenz in Osteuropa dauerhaft zu erhöhen. Zudem will sie eine schnelle Eingreiftruppe zur Verteidigung ihrer Mitglieder aufbauen. Die Ukraine ist kein Nato-Mitglied, es gibt derzeit auch keinen Beschluss der Nato, die Ukraine aufnehmen zu wollen.

Scharfe Kritik am Westkurs des Nachbarlandes kam erneut aus Russland. Die ukrainische Führung sei ein "Marionettenparlament", das nach der Pfeife "transatlantischer Puppenspieler" tanze, sagte der Abgeordnete Leonid Sluzki in Moskau. Er warnte Kiew vor einem Nato-Beitritt.

(AFP)
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