Havanna Steinmeiers späte Havanna-Mission

Havanna · Als erster deutscher Außenminister reist Frank-Walter Steinmeier ins sozialistische Kuba. Viele EU-Politiker waren schon vor ihm dort.

Frank-Walter Steinmeier auf Kuba-Expedition
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Außenminister Steinmeier auf Kuba-Expedition

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Foto: dpa, mkx hak

Nun hat sich auch Frank-Walter Steinmeier in den Flieger nach Havanna gesetzt. Endlich, werden die Vertreter der deutschen Wirtschaft sagen, die den SPD-Politiker schon seit Monaten zu einer Visite auf der sozialistisch regierten Zuckerrohrinsel drängen. Der letzte Aufenthalt eines Bundesministers auf Kuba liegt bereits 14 Jahre zurück: 2001 war der damalige Wirtschaftsminister Werner Müller dort gewesen. Die Konkurrenz gibt sich vor Ort schon seit Längerem die Klinke in die Hand, zuletzt versuchte auch Frankreichs Staatschef François Hollande im Rennen um die Pole-Position in einem neuen potenziellen Markt die Nase vorn zu haben.

Denn der Reformkurs, den die kubanische Wirtschaftspolitik eingeschlagen hat, sowie das Ende der Eiszeit mit den USA lassen die Manager aufhorchen und hoffen. Bislang ist die Karibik-Insel nämlich eher ein weißer Fleck auf der Industrielandkarte der westlichen Welt, dem US-Embargo sei Dank. Schon längst aber haben die Märkte Kuba entdeckt: Die Tourismusindustrie sieht ein riesiges Entwicklungspotenzial, zudem kämpft der frisch ausgebaute Container-Hafen Mariel samt Freihandelszone um ein Stückchen des Kuchens. Es mag zwar niemand so laut aussprechen in Havanna, aber ausgerechnet das sozialistisch regierte Kuba wäre mit seiner strategisch günstigen Lage, den neuen Schiffen und dem modernsten Container-Hafen der Karibik einer der großen Gewinner des bei linken Bewegungen so verhassten Freihandelsabkommens zwischen den USA und Europa.

Steinmeier will mit Kuba zwei Grundsatzabkommen zur Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur, Wirtschaft und Politik schließen. Unter anderem sind regelmäßige Konsultationen der Außenministerien geplant. "Zwischen Kuba und vielen Staaten weltweit hat sich eine neue Tür geöffnet. Es ist eine vorsichtige Öffnung am Ende eines jahrzehntelangen, zum Teil quälenden Stillstandes", sagte Steinmeier. Danach hat sich der SPD-Politiker offenbar auch seine Gesprächspartner im Land ausgesucht: Mit Raul Castro und dessen Vorgänger Fidel Castro ist kein Treffen geplant, stattdessen kam Steinmeier mit Außenminister Bruno Rodríguez (57), Wirtschaftsminister Marino Murillo (54) und Kulturminister Julián González (53) zusammen. Allesamt Vertreter einer Generation, die Kuba in den nächsten zehn Jahren prägen werden. Vor allem Rodríguez gilt in Kuba als ein Mann der Zukunft, der die Wucht des Aufeinanderprallens zwischen westlicher Markt- und sozialistischer Planwirtschaft künftig moderieren muss, wenn sich die beiden in die Jahre gekommenen Castro-Brüder aus dem Zentrum der Macht zurückziehen.

Steinmeier wird von einer kleinen Wirtschaftsdelegation begleitet. Der Handel zwischen beiden Ländern ist noch überschaubar: Bei den deutschen Exporten lag Kuba 2014 auf Platz 101, bei den Importen auf Platz 125. Neben Ökonomen und Politikern will Außenminister Steinmeier in Havanna auch Journalisten, Blogger, Künstler, Wissenschaftler und Sportler treffen, um sich ein Gesamtbild von den politischen Veränderungen in Kuba zu machen. Auch ein Gespräch mit dem Erzbischof von Havanna, Kardinal Jaime Ortega, ist geplant. "Kuba und die Welt nähern sich an, wo lange Zeit eine Mauer des Misstrauens stand", erklärte Steinmeier vor seiner Abreise.

Kubas Parteizeitung "Granma" widmete dem Besuch Steinmeiers auf ihrer Internetseite schon einmal eine prominente Platzierung, das zeigt, welchen Stellenwert Havanna dem ersten Besuch eines deutschen Außenministers nach der Wiedervereinigung beimisst. Spannend wird sein, inwieweit Steinmeier auch die Menschenrechtsverletzungen auf Kuba anspricht. Er selbst sagte: "Wenn wir hier sind, kann die Frage der Menschenrechte nicht ausgeschlossen bleiben." Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International appellierte vor der Reise bereits an Steinmeier. Die Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion, Selmin Çaliskan, sagte, auf Kuba sei es "noch immer praktisch unmöglich, friedlich Kritik an der Regierung zu äußern". Steinmeier müsse sich dafür einsetzen, dass die Kubaner endlich ihre Grundrechte uneingeschränkt wahrnehmen könnten.

Kubas Machthaber haben ihre harte Gangart gegenüber politisch "Andersgläubigen" kaum geändert. Wer sich mit dem System nicht anfreundet, dem drohen nach wie vor Verhaftung, gesellschaftliche Ächtung oder der Polizeiknüppel.

(RP)
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