Opposition kündigt Verfassungsklage an Frankreich beschließt endgültig die Homo-Ehe

Paris · Das in Frankreich höchst umstrittene Gesetz zur Legalisierung der Homo-Ehe hat endgültig das Parlament passiert. Die von den Sozialisten dominierte Nationalversammlung bewilligte das Projekt von Präsident François Hollande am Dienstag wie erwartet auch in der zweiten Lesung.

Es soll gleichgeschlechtlichen Paaren neben der Heirat die Adoption von Kindern erlauben. Die konservative Opposition hat bereits eine Verfassungsklage gegen das Gleichstellungsgesetz angekündigt.

In den vergangenen Wochen waren Hunderttausende bei Massendemonstrationen gegen das Vorhaben auf die Straße gegangen. Sie kritisieren vor allem das Adoptionsrecht. "Unsere Unterschiede dürfen nicht zur Spaltung führen. Unsere Vielfalt nicht zu Zwietracht. Das Land braucht Befriedung, Versöhnung, Sammlung" - mit diesen Worten trat François Hollande im Mai vergangenen Jahres als französischer Präsident an. Keine zwölf Monate später entzweit das am Dienstag endgültig beschlossene Gesetz zur Homo-Ehe die Nation von "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" wie kaum ein anderes politisches Vorhaben zuvor.

Für viele Schwule und Lesben ist das ein Schock. Sie müssen mit Entsetzen feststellen, wie sehr sich ein großer Teil der Bevölkerung dagegen stemmt, dass Homosexuelle künftig heiraten und als Paare Kinder adoptieren dürfen. Vor allem Ältere fühlen sich um Jahrzehnte zurückversetzt, als offener Schwulenhass und Homophobie noch an der Tagesordnung waren.

Betroffene Jugendliche berichten bei Hilfsorganisationen wie "Le Refuge" (Die Zufluchtsstätte) verzweifelt, wie ihre eigenen Eltern sich an den Massendemonstrationen gegen die Homo-Ehe beteiligen. "Das Schlimmste ist, dass sie nicht einmal wissen, wie sehr sie mir wehtun", schreibt ein schwuler 17-Jähriger, der bislang nicht den Mut fand, sich zu outen.

Akademiker protestieren gegen die Homosexuellen

Besonders belastet es Betroffene, dass zahlreiche junge und gut gebildete Leute gegen das Gesetz auf die Straße gehen - Franzosen, die auf den ersten Blick kaum dem Bild des weltfremden Konservativen oder Erzkatholiken entsprechen. Nach den jüngsten Umfragezahlen ist nur eine knappe Mehrheit für die Homo-Ehe. Das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare wird sogar mehrheitlich abgelehnt.

Bei den Gegnern der Homo-Ehe spielen Gefühle ebenfalls eine große Rolle, doch sind dies eher Unverständnis und Wut. Der Großteil beteuert, keineswegs homophob zu sein und sieht sich vor allem im Kampf für die Rechte von Kindern. "Zu verhindern, dass ein Kind Vater und Mutter hat, das geht zu weit", heißt es. Zudem wird darauf verwiesen, über per Lebenspartnerschaft verbundene Paare verfügten schon jetzt über die gleichen Steuervorteile wie verheiratete.

Religiöse Kritiker sehen die Homo-Ehe als Einfallstor zu tiefgreifendem Sittenverfall. "Später werden sie Dreier- oder Viererpaare bilden wollen. Danach wird vielleicht eines Tages das Inzest-Verbot fallen", warnt der französische Kardinal Philippe Barbarin. Die Muslime-Union UOIF geht noch weiter und fragt: "Wer wird im Namen der sakrosankten Liebe dann noch Geschlechtsverkehr mit Tieren die Legitimität (...) absprechen können?"

Hollande setzt darauf, dass das Thema nach der Verabschiedung schnell in Vergessenheit gerät - und akzeptiert wird, wie die damals ebenfalls umstrittene Abschaffung der Todesstrafe Anfang der 80er Jahre. Doch die Gegner haben bereits angekündigt, das Verfassungsgericht einzuschalten, um die Homo-Ehe noch zu kippen.
Auch zwei weitere Großdemonstrationen sind bereits geplant.

Die seit Monaten couragiert für das Projekt kämpfende Justizministerin Christiane Taubira ist darüber nicht weniger entsetzt als viele Homosexuelle. "Ich tue mich schwer damit zu verstehen, wie es in unserer Gesellschaft eine solche Mobilisierung gegen die Rechte von Anderen geben kann", sagte die schwarze Politikerin kurz vor der endgültigen parlamentarischen Verabschiedung des Gesetzes. Das Klima der Intoleranz sei besorgniserregend.

(dpa/felt/jco)
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