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Präsidentschaftswahl in Frankreich Frankreich: Sarkozy muss zittern

Florange · Am Sonntag findet die erste Runde der Präsidentenwahl statt. Die Entscheidung fällt aber wohl erst bei der Stichwahl am 6. Mai. Die Franzosen haben die schwere Wahl zwischen einem unbeliebten Amtsinhaber und einem Kandidaten, den sie auch nicht so recht mögen. Ein Stimmungsbild aus der Provinz.

Anhänger-Duell zwischen Sarkozy und Hollande
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Wie rostige Skelette ragen sie in den Himmel von Lothringen — stumme Mahnmale einer sterbenden Epoche: Vor Monaten ist das Feuer in den letzten beiden Hochöfen Frankreichs erloschen, jetzt brennen vor dem von der endgültigen Stilllegung bedrohten Stahlwerk von Florange nur noch Autoreifen.

Eine Handvoll Arbeiter blockiert die Werkstore. Vincent und seinen Gewerkschaftskollegen steht die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben: Sie fürchten, dass die Hochöfen des Stahlriesen ArcelorMittal nie wieder in Betrieb gehen und damit 5000 Arbeitsplätze in einer ohnehin schon armen Region vernichtet werden.

Symbol für den Niedergang

"Wenn hier dichtgemacht wird, bleibt nichts mehr für uns und unsere Kinder", sagt Vincent. "Die ganze Gegend hängt vom Stahlwerk ab." Florange ist zum Symbol für den Niedergang der französischen Industrie und die Arbeitsplatzverluste geworden — Hauptthemen der Präsidentschaftswahl, bei der neun Kandidaten gegen den um seine Wiederwahl kämpfenden Amtsinhaber Nicolas Sarkozy konkurrieren.

In ganz Frankreich sind im vergangenen Jahrzehnt mehr als eine halbe Million Industrie-Jobs verschwunden, davon Hunderttausende allein im lothringischen Stahlsektor.

"Wir haben genug von den schönen Versprechungen", steht auf den Graffitis an den Werkstoren. "Sarko hat seine Versprechungen nicht gehalten", schimpft auch Bernard. Der Mann im roten Pulli und mit den grauen Haaren steht wenige Kilometer weiter weg, in Gandrange, vor einer anderen Fabrikruine. 35 Jahre hat er hier gearbeitet, bis 2009 auch dieses Werk dichtmachte — und dies, obwohl der Präsident persönlich bei einem Besuch in Gandrange eine "Lösung für den Erhalt der Arbeitsplätze" versprochen hatte.

Heute weiß Bernard nicht mehr richtig, für wen er bei der Wahl stimmen soll. Der sozialistische Kandidat François Hollande, den alle Umfragen bereits als Sieger sehen, kommt für ihn als Alternative nicht ihnfrage. Schließlich habe mit dem sozialistischen Präsidenten François Mitterrand in den 80er Jahren der Niedergang der einst florierenden lothringischen Stahlbranche begonnen. So weiß Bernard nur, dass er fünf weitere Jahre Sarkozy verhindern will.

Unzufrieden mit Staatschef

Damit fühlt er wie viele andere Landsleute. Noch nie war ein kandidierender Amtsinhaber in Frankreich so unbeliebt wie Nicolas Sarkozy. Rund 60 Prozent der Franzosen sind Umfragen zufolge unzufrieden mit ihrem Staatschef, in den sie damals — bei seiner Wahl 2007 — doch noch so große Hoffnungen gesetzt hatten.

Er hatte damals den Neuanfang versprochen und sich als Präsident der Kaufkraft gegeben, mit dem alles besser werde. Inzwischen ist die Staatsverschuldung auf 1,6 Billionen Euro angewachsen und die Arbeitslosigkeit steht mit knapp zehn Prozent vor einem neuen Zwölf-Jahres-Hoch. "Sarko begünstigt nur die Reichen, sich selbst hat er als Präsident erst einmal das Gehalt erhöht", schimpft Martin in der kleinen Bar schräg gegenüber der Fabrik.

Am Tresen bei frisch gezapftem Bier begeistert die Präsidentschaftswahl zwar keinen, doch der Alkohol löst zunehmend die Zungen. "Der kleine Ungar soll gehen", sagt Martin mit Blick auf Sarkozys Abstammung und erklärt, diesmal für Marine Le Pen stimmen zu wollen, die Chefin der rechtsextremen Front National. Einer der Umstehenden stimmt zu, aber nicht, weil er Le Pens ausländerfeindliche Politik gut findet, sondern "aus Protest", wie er wütend sagt. "Sarkozy oder Hollande, die sind doch alle gleich."

Vote für die Extremen

Der arbeitslose François will ebenfalls für die Extremen votieren, allerdings am linken Rand. "Jean-Luc Mélenchon", sagt er, "der hat wenigstens Mumm." Der charismatische Führer der Linksfront mit dem graumelierten Haar ist die Überraschung des Wahlkampfs. In nur wenigen Monaten hat Mélenchon seine Beliebtheitswerte auf rund 15 Prozent verdreifacht und verführt all diejenigen, denen Hollande zu gemäßigt erscheint.

Auch Julie fühlt sich von Mélenchon angezogen. Die Studentin mit den langen dunklen Haaren sitzt 600 Kilometer von Gandrange entfernt, in einem Café in Clermont-Ferrand in der zentralfranzösischen Auvergne. "Sarkozy hat uns junge Leute enttäuscht, und ich will schließlich nach dem Studium einen Job finden", erklärt Julie. Hollande sei zwar ganz nett, sagt sie, "aber kann der wirklich Präsident werden?"

"Auf jeden Fall", glaubt Christiane und hofft, dass der Sozialist — wie einst sein Vorbild Mitterrand — den Richtungswechsel in Frankreich herbeiführen wird. Die 60-Jährige ist mit ihrem Mann hergekommen, um Hollande auf dem Hauptplatz von Clermont-Ferrand, der Place de Jaude, sprechen zu hören. "Eine Präsidentschaftswahl ist nicht nur dazu da, seinen Protest auszudrücken", greift der Sozialist denn auch in seiner Rede die Stimmung im Land auf. "Ich will Frankreich mit Euch ändern."

(RP/csr/sap)
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