Was der Nobelpreis für Obama bedeutet Friedenspreis für den "Kriegspräsidenten"

Washington (RPO). Für Barack Obama war es ein Tag, an dem Friedenshoffnungen und die harte Realität als Präsident einer kriegführenden Nation in besonders scharfem Gegensatz aufeinander trafen. In seiner Dankesrede rechtfertigte er dann auch offen den Einsatz von militärischer Gewalt. Der Preis ist für Obama mehr Belastung als Ehre.

Die wichtigsten Passagen aus Obamas Dankesrede
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Foto: AP

"Die Instrumente des Krieges spielen eine Rolle bei der Wahrung des Friedens", sagte der US-Präsident, als er am Donnerstag in Oslo den Friedensnobelpreis entgegennahm. Die Ehrung kam zu einem schwierigen Zeitpunkt, da Obama wenige Tage zuvor die Entsendung von 30.000 zusätzlichen Soldaten nach Afghanistan angekündigt hatte. Ohnehin hatte sich seit der Bekanntgabe der Auszeichnung im Oktober der Eindruck verfestigt, dass Obama den Preis eher als Bürde empfindet.

Das Weiße Haus hatte vor der Verleihung mitgeteilt, Obama werde den Friedenspreis in seinem Selbstverständnis als "Kriegspräsident" annehmen. Die Rede des US-Präsidenten unterschied sich dann auch deutlich von jenen Ansprachen, mit denen sich frühere Preisträger wie Mutter Teresa oder der Dalai Lama für die Auszeichnung bedankten. Der Frieden setzt bisweilen den Krieg voraus - das war Obamas wenig pazifistische Botschaft.

"Es gibt Zeiten, in denen Nationen - im Alleingang oder gemeinsam - den Einsatz von Gewalt nicht nur als notwendig, sondern als moralisch geboten ansehen", sagte Obama. "Wir sind im Krieg, und ich bin verantwortlich für die Entsendung tausender junger Amerikaner, um in einem fernen Land zu kämpfen", sagte Obama. "Einige werden töten, andere werden getötet."

Zugleich war Obama bemüht, das durch bewaffnete Konflikte verursachte Leid hervorzuheben. Krieg sei niemals "glorreich" und immer eine "menschliche Tragödie", sagte der Präsident. Dazu würdigte er die Menschen, die sich in Ländern wie Birma, Simbabwe oder im Iran friedvoll für Freiheit und Demokratie einsetzen: "Die Verantwortung aller freien Menschen und Nationen ist, diesen Bewegungen klar zu machen, dass Hoffnung und Geschichte auf ihrer Seite sind."

Obama war am Morgen mit seiner Frau Michelle in Oslo angekommen und hatte sich umgehend ins Goldene Buch der Nobel-Akademie eingetragen. Anschließend traf er sich mit Norwegens Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg und deutete bei der Pressekonferenz an, dass ihm die Ehrung nicht wirklich behagt. Andere Kandidaten hätten "ohne Zweifel" den Preis mehr verdient, sagte Obama.

Bei dem Festakt im Osloer Rathaus sagte der Laureat, er nehme den Preis mit "großer Demut" an. Im Vergleich mit zuvor ausgezeichneten "Größen der Geschichte" wie dem südafrikanischen Freiheitskämpfer Nelson Mandela oder US-Bürgerrechtler Martin Luther King sei seine Leistung bisher aber gering. Der Vorsitzende des Nobel-Komitees, Thorbjörn Jagland, bemühte sich, die Auszeichnung zu verteidigen. Die Geschichte sei voll von "verpassten Gelegenheiten", sagte er. "Wir haben heute die Möglichkeit, die Ideen von Präsident Obama zu unterstützen."

Mit seiner umstrittenen Entscheidung ehrte das Osloer Nobel-Komitee einen Präsidenten, dessen Gestaltungswille weit über die Grenzen der USA hinausreicht. Es würdigte den Geist von Dialog, Diplomatie und Entspannung, den Obama immer wieder beschwört. Die Preisverleihung sahen die Komiteemitglieder erklärtermaßen als Ermunterung zum weiteren Beschreiten eines friedfertigen Weges. Zu handfesten außenpolitischen Erfolgen hat dieser Weg Obama freilich noch nicht geführt.

Daheim in den USA bringt ihm die Auszeichnung keinen politischen Nutzen. Im Gegenteil, vor dem Hintergrund einer zunehmend isolationistischen Stimmung in der durch Wirtschaftskrise und Kriegseinsätze verunsicherten Bevölkerung sorgt Obamas Ehrung im Ausland eher für Argwohn als für Stolz. Der Präsident und seine Mitarbeiter haben den Gewinn des Friedensnobelpreis in den vergangenen Wochen jedenfalls kaum erwähnt.

(AFP)
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