Im Alter von 76 Jahren Früherer sowjetischer Dissident Leonid Pljuschtsch gestorben

Moskau · Der frühere sowjetische Dissident Leonid Pljuschtsch ist am Donnerstag im Alter von 76 Jahren gestorben. Der aus der Ukraine stammende Bürgerrechtler, der in den 70er Jahren von den Behörden unter Zwang in eine Psychiatrie eingewiesen worden war, starb am Vormittag in seinem Haus in der Nähe von Paris.

Das teilte seine Vertraute Arina Ginzburg der Nachrichtenagentur AFP mit. Er sei ein "bemerkenswerter Mann" gewesen, der "schreckliche Prüfungen" durchlitten habe, sagte Ginzburg, die sich in der Sowjetunion ebenfalls für Bürgerrechte engagierte.

Pljuschtsch war zu Sowjetzeiten in der heutigen Ukraine bei der Verbreitung sogenannter Samisdat-Schriften aktiv, also geheimer systemkritischer Aufsätze und Beiträge. Im Jahr 1972 wurde er in Kiew wegen "antisowjetischer Aktivitäten" festgenommen, wobei ihm vor allem seine Mitgliedschaft in der ersten Bürgerrechtsgruppe der Sowjetunion zur Last gelegt wurde. Im folgenden Jahr wurde er unter Zwang in die Psychiatrie eingewiesen und drei Jahre lang mit Psychopharmaka behandelt, um seine Persönlichkeit zu zerstören. Wie er später in seinen Memoiren schrieb, kämpfte er verzweifelt dagegen an, nicht wirklich verrückt zu werden.

Nach einer internationalen Protestkampagne wurde Pljuschtsch 1975 schließlich freigelassen und konnte nach Frankreich ausreisen. Sein Fall warf ein Schlaglicht auf die Praxis der sowjetischen Behörden, völlig gesunde Dissidenten in die Psychiatrie einzuweisen, um sie zum Schweigen zu bringen. "Leonid Pljuschtsch hat die furchtbarsten Prüfungen erlebt: Die Folter in der Hölle der psychiatrischen Anstalten", schrieb der Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow nach der Freilassung des Bürgerrechtlers.

(AFP)
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