Nahost-Konflikt Israel fordert 100.000 Palästinenser zum Verlassen der Häuser auf

Gaza-Stadt · Nach der angekündigten Ausweitung der Militäroffensive im Gazastreifen hat die israelische Armee 100.000 Palästinenser zur Flucht aus ihrer Häusern aufgerufen. "Die Evakuierung ist zu Ihrer eigenen Sicherheit", hieß es in abgeworfenen Flugblättern.

Gazastreifen: Bilder der Raketenangriffe durch Israel
16 Bilder

Weitere Tote bei Raketenangriffen auf Gazastreifen

16 Bilder

Während das israelische Sicherheitskabinett am Mittwoch den Start einer begrenzten Bodenoffensive diskutierte, wollte sich Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Kairo und Ankara um die Vermittlung eines Waffenstillstands bemühen.

Die Bewohner von Schujaja, Seitun und Beit Lahija im Gazastreifen seien aufgefordert worden, sich in Sicherheit zu bringen, erläuterte die israelische Armee. Einwohner dieser drei Orte im Norden des Küstengebiets bestätigten, sie hätten von der Armee entsprechende Anrufe und Kurzmitteilungen erhalten. Zudem wurden Flugblätter über Seitun und anderen Orten abgeworfen, in denen vor "Luftangriffen auf Terrororte" gewarnt wurde, von denen aus Raketen auf Israel abgefeuert wurden.

Bereits am Wochenende waren die Einwohner von Beit Lahija aufgefordert worden, ihre Häuser zu verlassen. Daraufhin hatten 17.000 Menschen Zuflucht in UN-Einrichtungen und an anderen Orten gesucht. Am Mittwoch waren zunächst keine neuen größeren Fluchtbewegungen festzustellen, wie AFP-Korrespondenten berichteten.
Am Dienstag waren Bemühungen Ägyptens um eine Waffenruhe am Widerstand der radikalislamischen Hamas gescheitert. Am Mittwoch wurden bei neuen Luftangriffen und dem Beschuss mit Panzern neun Menschen getötet. Laut palästinensischen Rettungskräften starben je drei Männer bei Luftangriffen auf Häuser in den Städten Rafah und Chan Junis, beide im Süden gelegen. Mittags wurde dann aus einem Kampfflugzeug eine gezielte Rakete auf ein Privatfahrzeug abgefeuert; die drei Insassen wurden getötet.

Hunderte tote Zivilisten

Insgesamt wurden damit seit Beginn der Operation "Schutzrand" vor neun Tagen 208 Menschen getötet; nach Angaben einer palästinensischen Hilfsorganisation waren 80 Prozent der Todesopfer unbeteiligte Zivilisten, darunter 36 Kinder und 29 Frauen. Seit Dienstag vergangener Woche wurden mehr als 1750 Ziele in Gaza bombardiert, wie die Armee mitteilte. In Israel wurde durch Beschuss aus dem Gazastreifen am Dienstag erstmals ein Mann getötet. Ihn traf eine Granate, als er nahe des Grenzübergangs Erez Essen an Soldaten auslieferte. Insgesamt feuerten radikale Palästinensergruppen in acht Tagen über 1200 Raketen und Mörsergranaten auf Israel, von denen 20 Prozent abgefangen wurden und fast alle anderen unbewohnte Gebiete trafen.

Nach Angaben des Militärradions beschloss das israelische Sicherheitskabinett in der Nacht zum Mittwoch, auch das Tunnelnetzwerk zu zerstören, das von der Hamas und dem Islamischen Dschihad für Lagerung, Transport und Abschuss der Raketen genutzt wird. Dabei sei auch die Option eines begrenzten Einmarsches mit Bodenverbänden diskutiert worden, die zunächst kein Vorrücken in Wohngebiete erfordern würde.

Frankreich schlug eine europäische Unterstützungsmission an den Grenzübergängen zwischen dem Gazastreifen und Israel vor, um den Konflikt zu entschärfen. Außenminister Laurent Fabius sagte dem Radiosender France Culture, Europa sei bereit, "etwas zu tun, insbesondere über die sogenannte Eubam, das heißt Kräfte, die die Übergänge zwischen Gaza und Israel kontrollieren könnten". Die arabischen Länder hätten ihre Unterstützung dafür deutlich gemacht, nun müssten noch die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats zustimmen.

Palästinenserpräsident Abbas wurde am Mittwoch in Kairo erwartet, wo er am Donnerstag auch den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi treffen will. Am Freitag will er seine Bemühungen um eine rasche Feuerpause, bei deren Vermittlung Ägypten und die Türkei helfen könnten, in Ankara fortsetzen.

(DEU)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort