Nahost-Konflikt Israel sucht die geheimen Terrortunnel der Hamas

Im Zuge der Konfrontation mit der radikalislamischen Hamas lässt sich das israelische Militär auch auf einen Kampf unter der Erde ein. Der Gedanke an das weitverzweigte Tunnelsystem der Hamas gleicht für die Generäle einem Alptraum.

Gazastreifen: Israel sucht die Tunnel der radikalislamischen Hamas
Foto: tunnel israel hamas youtube

Israel will das weit verzweigte Tunnelsystem der Hamas zerstören, das aus dem Gazastreifen nach Israel hineinragt. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nennt sie "Terrortunnel".

Durch die Gänge, die oft in monatelanger mühsamer Arbeit ausgehoben und mit Zement verstärkt werden, können bewaffnete Kämpfer über die Grenzen geschleust werden, um Anschläge zu verüben. Ein weiteres Ziel ist die Entführung von Israelis, bevorzugt Soldaten. Durch einen solchen Tunnel wurde 2006 auch der Grenzsoldat Gilad Schalit in das Palästinensergebiet verschleppt.

Die Tunnel spielen daher eine zentrale Rolle in den Horrorszenarien der israelischen Regierung: Im Schutz der Dunkelheit krabbeln bewaffnete Islamisten aus einem Erdloch, hinter ihnen der Gazastreifen und die israelische Grenzsicherung, um sie herum ungeschützte israelische Zivilisten und leicht angreifbare Militäreinrichtungen.

Diese Schreckensvision wurden angeblich schon Wirklichkeit: Am Montagmorgen wurden die Bewohner der Gebiete an der Grenze zum Gazastreifen aufgefordert, ihre Häuser nicht zu verlassen. Kurz darauf meldete die israelische Armee, zehn militante Palästinenser seien getötet worden, nachdem sie durch zwei Tunnel auf israelisches Territorium gelangt seien. Ein von der Armee veröffentlichtes Video zeigt angeblich diesen Vorfall.

Schon am Samstag hatten über Tunnel eingesickerte Hamas-Kämpfer zwei Soldaten getötet.

Israels Armee vermutet dutzende Tunnel im Erdreich des schmalen Küstenstreifens. Das System dient nicht nur zur unbemerkten Grenzüberquerung, die Tunnel dienen laut Israels Streitkräften auch als "Werkstatt für den Bau von Raketen, als Abschussrampen und Kommandoposten". Sie sind mit Telefonen und Stromkabeln ausgestattet.

"Diese Tunnel zu zerstören, kann Jahre dauern", sagte ein ehemaliger Angehöriger der israelischen Armeeführung. Das System sei der Stolz der Hamas, es erlaube, "die Kämpfe auf israelisches Gebiet zu verschieben".

Dem israelischen Experten Daniel Nisman zufolge ermöglichen die Tunnel der Hamas, Konfrontationen mit der israelischen Armee "über Wochen standzuhalten".

Nachts hören Anwohner, wie in den Tunneln gebohrt wird

Auch zwischen Häusern im Inneren des Gazastreifens verlaufen Tunnel, die als Fluchtwege für militante Kämpfer dienen. Die gesamte Führung der Hamas versteckt sich nach israelischen Informationen seit Beginn der Offensive am 8. Juli in unterirdischen Betonbunkern.

Zunächst entstanden vor Jahren Tunnelsystem an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten, die scharf kontrolliert wurde. Über die Tunnelschächte wurden Lebensmittel, Alltagsgüter und alsbald auch Waffen in den Gazastreifen gebracht.

Mit der Zerstörung der Tunnel, die Ägypten zu Jahresbeginn noch massiv vorantrieb, haben sich die Ressourcen der Hamas stark verringert. Der Schmuggel von Geld, Gütern und Waffen ist nahezu vollständig unterbunden. Dies trug maßgeblich zum Druck auf das im Gazastreifen herrschende Hamas-Regime bei, das mehr als 40 000 seiner Mitarbeiter im öffentlichen Dienst keine Gehälter mehr zahlen kann.

Etliche Tunnel unentdeckt

Inzwischen gibt es immer mehr Tunnel an der Grenze nach Israel, bis zu 20 Meter tief unter der Erde. Immer wieder berichten die Menschen im Süden Israels, sie hörten des nachts den Lärm der Bohrarbeiten.

Die Zerstörungsmöglichkeiten mit Luftangriffen seien begrenzt, betonte Israel vor Beginn der Bodenoffensive immer wieder. Die nach Israel führenden Tunnel würden meist erst im letzten Moment entdeckt, wenn die palästinensischen Kämpfer aus dem Ausgang herauskommen, erklärte der frühere Leiter des Einsatzkommandos der israelischen Streitkräfte, Israel Ziv.

Es gebe auch ein ausgeklügeltes System mit Strom und Belüftung um die Tunnel herum. "Sobald man den Boden kontrolliert, kann man die Tunnel effektiv bekämpfen", sagte er. Grund genug für Israel, die Tunnel als eines der Hauptziele der Offensive im Gazastreifen zu betrachten. In den vergangenen Tagen sprengten sie in mehreren Fällen Tunnel. Ihre Funde verbreitet das israelische Militär auf einem eigenen Kanal auf youtube.

(DEU dpa)
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