Nahost-Konflikt Gazastreifen: Israel will sich nicht auf Waffenruhe einlassen

Jerusalem · Israel will vorerst keine neue 24-stündige Waffenruhe ausrufen. Die radikal-islamische Hamas verletze die von ihr angekündigte Feuerpause selbst, sagte Regierungschef Benjamin Netanjahu am Sonntag in einem Interview des US-Senders CNN.

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Foto: AFP/JACK GUEZ

Israel werde daher "alles Notwendige" zur Verteidigung seiner Bevölkerung tun, sagte Netanjahu CNN. Die Hamas hatte zuvor eine 24-stündige Waffenruhe erklärt, die ab 13 Uhr MESZ gelten sollte. Allerdings bekannte sie sich noch kurz vor 14 Uhr zu Mörserangriffen.

Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri erklärte, die verschiedenen "Widerstandsgruppen" hätten den Waffenstillstand auf Bitten der Vereinten Nationen vereinbart. Demnach findet die Feuerpause angesichts Eid al-Fitr statt, dem islamischen Fest zum Ende des Fastenmonats Ramadan, das von Montag bis Mittwoch gefeiert wird.

Zerstörung, Flucht und Proteste in Israel und im Gazastreifen
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Am Morgen hatte Israel eine zuvor ausgerufene einseitige Feuerpause wegen des anhaltenden Raketenbeschusses durch die Hamas wieder aufgekündigt. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu machte in einer Erklärung zur Beendigung der einseitigen Waffenruhe die Hamas wegen "des zynischen Gebrauchs der Einwohner von Gaza als menschliche Schutzschilde" für die zivilen Opfer der Angriffe verantwortlich.

Die israelische Armee hatte erklärt, man werde die Angriffe aus der Luft, vom Meer Kurz darauf waren im Gazastreifen erneut Explosionen zu hören. "Angesichts des ununterbrochenen Raketenbeschusses der Hamas während des humanitären Fensters, das zum Wohl der Zivilbevölkerung von Gaza vereinbart wurde, werden die Streitkräfte nun ihre Luft- See- und Bodeneinsätze im Gazastreifen wieder aufnehmen", erklärte die Armee. In Gaza und im Osten des Küstengebiets war der Einschlag von Geschossen zu vernehmen, wie AFP-Reporter berichteten. Laut palästinensischen Rettungskräften wurden unmittelbar nach Wiederaufnahme der Angriffe drei Menschen getötet.

Das israelische Sicherheitskabinett hatte am Samstagabend eine mit der Hamas vereinbarte zwölfstündige Feuerpause kurz vor Ablauf der Frist um zunächst vier Stunden bis Mitternacht verlängert. Anschließend kündigte die Regierung an, die Angriffe für weitere 24 Stunden auszusetzen. Die "Einsätze gegen die Tunnel" der Hamas würden hingegen fortgeführt, hieß es. Die radikalislamische Bewegung lehnte die Verlängerung der Waffenruhe jedoch ab.

Bis zum Sonntagvormittag wurden erneut knapp 30 Raketen über die Grenze nach Israel gefeuert. Hamas-Sprecher Fawsi Barhum erklärte: "Eine humanitäre Waffenruhe ist ungültig ohne den Abzug israelischer Panzer aus dem Gazastreifen und ohne dass Anwohner in ihre Häuser zurückkehren können." Auch müssten Rettungswagen ungehindert in dem Küstengebiet verkehren können, um Leichen abzutransportieren.

Während der Waffenruhe am Samstag war das ganze Ausmaß der Zerstörung in dem dicht besiedelten Küstengebiet sichtbar geworden: Wie die palästinensischen Rettungskräfte mitteilten, wurden 147 Leichen aus den Trümmern der bei den israelischen Angriffen zerstörten Häuser geborgen, die allermeisten davon Zivilisten. Vielerorts bot sich ein Bild der Zerstörung, ganze Wohnblöcke lagen in Schutt und Asche.

Seit Beginn der israelischen Offensive vor knapp drei Wochen kamen mehr als tausend Palästinenser ums Leben, etwa 6000 wurden verletzt. Die weitaus meisten von ihnen waren Zivilisten, darunter viele Kinder. Nachdem in der Nacht zu Sonntag ein weiterer israelischer Soldat an der Grenze zum Gazastreifen durch eine Mörsergranate getötet wurde, stieg die Opferzahl auf israelischer Seite auf 43 Soldaten. Zudem wurden drei Zivilisten in Israel getötet.

Angesichts des Ausmaßes der Gewalt forderten die Außenminister der USA, Frankreichs, Deutschlands, Großbritanniens, Italiens, Katars und der Türkei bei einer Konferenz in Paris gemeinsam ein Ende des Blutvergießens. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius sagte, sie wollten so schnell wie möglich einen dauerhaften Waffenstillstand erreichen, der Israels Bedürfnis nach Sicherheit und dem Bedürfnis der Palästinenser nach sozio-ökonomischer Entwicklung entspricht.

Es scheine, dass "dieser dritte Gaza-Krieg mit noch größerer Härte geführt wird als die beiden vorangehenden 2008 und 2012", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Er äußerte die Hoffnung, aus wiederholt gebrochenen humanitären Feuerpausen "einen dauerhaften Waffenstillstand zu machen". Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon appellierte an beide Seiten, eine einwöchige Feuerpause zu vereinbaren.

(afp/rtr)
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