Genozid-Debatte Ankara geht ein Stück auf Armenier zu

Ankara · Zum 100. Jahrestag der Massaker des Osmanischen Reichs an den Armeniern hat die Türkei den Nachkommen der Opfer kondoliert. Ministerpräsident Davutoglu sagte am Montag, dass es in Istanbul eine Feier geben solle, um an die getöteten Armenier zu erinnern.

 Ministerpräsident Davutoglu: "Wir teilen den Schmerz der Kinder und Enkelkinder der Armenier".

Ministerpräsident Davutoglu: "Wir teilen den Schmerz der Kinder und Enkelkinder der Armenier".

Foto: afp, ADM/QL

Die Türkei ist im Streit um die Massaker an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs einen Schritt auf Armenien zugegangen. In einer am Montag veröffentlichten Erklärung des türkischen Regierungschefs Ahmet Davutoglu, heißt es aus Anlass des 100. Jahrestags des Beginn des Tragödie am 24. April: "Wir teilen den Schmerz der Kinder und Enkelkinder der Armenier, die ihr Leben bei Deportationen 1915 verloren." Der Forderung der Armenier, ihre Verfolgung im Osmanischen Reich als "Völkermord" anzuerkennen, verschloss sich die türkische Regierung aber erneut.

"Alles auf ein einziges Wort zu reduzieren", und die Verantwortung pauschal "nur auf die türkische Nation" abzuwälzen, sei "rechtlich und moralisch problematisch", erklärte Davutoglu. Doch der vergleichsweise versöhnliche Ton der Erklärung hebt sich ab von Ankaras scharfer Reaktion auf Papst Franziskus, der in seiner Messe im Petersdom zum 100. Jahrestag des Massenmords am vorvergangenen Sonntag die Armenier als Opfer des ersten Genozids des 20. Jahrhunderts bezeichnet hatte.

Nach Darstellung der Armenier starben bis zu 1,5 Millionen Armenier im Zuge einer gezielten Vernichtungskampagne des Osmanischen Reiches. Die Türkei bestreitet dagegen, dass es sich um einen Völkermord handelte und spricht von einigen hunderttausend Toten infolge von Kämpfen und Hungersnöten während des Krieges. Das Europaparlament bezeichnet die Ereignisse schon seit 1987 offiziell als Völkermord. Die EU-Kommission vermeidet dagegen den Begriff Völkermord.

Die Bundesregierung vermied bisher ebenfalls die Bewertung der Massenmorde als Genozid. In einem am Montag bekannt gewordenen Text einigten sich die Spitzen von Union nun aber auf eine Formulierung, die den Begriff "Völkermord" enthält. In dem Antragsentwurf, über den der Bundestag am Freitag erstmals beraten soll, heißt es, das Schicksal der Armenier stehe "beispielhaft für die Geschichte der Massenvernichtungen, der ethnischen Säuberungen, der Vertreibungen, ja der Völkermorde, von denen das 20. Jahrhundert auf so schreckliche Weise gezeichnet ist".

(AFP/ap)
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