Prüfausschuss "Athens Schulden sind illegal und müssen nicht zurückgezahlt werden"

Athen · Auf dem Höhepunkt der griechischen Schuldenkrise hat ein vom Parlament eingesetzter Prüfausschuss die Zahlungsforderungen der internationalen Gläubiger an Athen als "illegal" eingestuft. Griechenland müsse daher nicht zahlen, heißt es in einem vorläufigen Prüfergebnis, das am Donnerstag im griechischen Parlament erörtert wurde.

Worterklärungen in Griechenlands Schuldenkrise
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Foto: dapd, Michael Gottschalk

Die weit links stehende Parlamentspräsidentin Zoé Konstantopoulou hatte den Prüfausschuss im April eingesetzt. Ihm gehören internationale Experten wie etwa der Belgier Eric Toussaint an, der mehrere Bücher zu den Themen Staatsschulden und Globalisierung geschrieben hat. Wie er gehören auch mehrere andere Mitglieder des Ausschusses dem Komitee für den Erlass der Schulden der Dritten Welt (CADTM) an.

Der Prüfausschuss stufte die Forderungen von Griechenlands ausländischen Gläubigern als illegal ein, denn diese hätten "das europäische und internationale Recht mit Füßen getreten ebenso wie die Menschenrechte". Ihr Vorgehen sei "schändlich" gewesen, "denn die Gläubiger und die Europäische Union haben ihre möglichen Folgen gekannt", hätten allerdings "die Augen vor den Verletzungen der Menschenrechte verschlossen", heißt es in dem Bericht. Die eindeutige Schlussfolgerung der Experten lautet: "Griechenland muss diese Schulden nicht bezahlen."

Die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) hätten die Vorstellung verbreitet, dass es sich um Staatsschulden handele "und nicht um private Schulden", kritisierte Toussaint. "Das war ein ausgezeichnetes Mittel, um eine Sparpolitik in Griechenland einzuführen", fügte er hinzu. Toussaint hat an dem griechischen Dokumentarfilm "Debtocracy" (Schuldenherrschaft) von 2011 mitgewirkt. Darin wurde eine Parallele zwischen Griechenland und dem südamerikanischen Ecuador gezogen, dessen Schulden 2007 zum Teil als sittenwidrig eingestuft und erlassen worden waren.

Laut Konstantopoulou ist die Prüfung erst in ihrer "ersten Phase". Es sei angedacht, auch den früheren Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, oder den ehemaligen IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn um eine Stellungnahme zu bitten.

Griechenland verhandelt seit Monaten mit seinen internationalen Geldgebern über die Bedingungen für die Auszahlung ausstehender Finanzhilfen von 7,2 Milliarden Euro. Streit gibt es vor allem über von den Gläubigern geforderte Einschnitte bei den Renten und die Erhöhung der Mehrwertsteuer.

Am Abend waren Beratungen der Euro-Finanzminister in Luxemburg über die griechische Schuldenkrise erneut ohne Ergebnisse geblieben. Für Montag wurde daher ein Sondergipfel der Währungsunion einberufen. Gibt es in den kommenden Tagen keine Einigung mit den Gläubigern, droht Griechenland die Pleite und womöglich ein Ausscheiden aus der Eurozone.

Parlamentspräsidentin Konstantopoulou wies im Zusammenhang mit der Schuldenkrise erneut darauf hin, dass Deutschland ihrem Land immer noch Reparationszahlungen im Zusammenhang mit Verbrechen in der NS-Zeit schulde. "Obwohl es sich um während der Besatzung von den Nazis verübte Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelte, haben es die anderen Länder akzeptiert, darüber hinwegzugehen", kritisierte die Linkspolitikerin. "Und jetzt sollten die Griechen in die Knie gehen, um Schulden zu bezahlen, die nicht die ihren sind, und die nicht im Zusammenhang mit internationalen Verbrechen stehen?"

Aus Sicht der Bundesregierung ist die Frage der Entschädigungen für die deutschen Verbrechen während des Zweiten Weltkrieges bereits abschließend geregelt.

(AFP)
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