Griechenland nach der Wahl Tsipras mäßigt den Ton vor EU-Roadshow

Athen/Brüssel · Erst wurde gepoltert, doch schon werden die Signale aus Athen versöhnlicher. Auch der neuen Regierung Tsipras scheint klar, dass die Zukunft des Landes auf dem Spiel steht. Der linke Regierungschef und sein Wirtschaftsminister planen Gespräche mit EU-Partnern - nur nicht mit Deutschland.

Griechenland: Alexis Tsipras mäßigt den Ton vor EU-Roadshow
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Nach scharfen Tönen in Richtung der Euro-Partner will der neue griechische Premier Alexis Tsipras eine gemeinsame Linie mit den Geldgebern ausloten. Dabei zeigte er sich am Wochenende deutlich gemäßigter als noch zuletzt. "Obwohl es unterschiedliche Perspektiven gibt, bin ich sehr zuversichtlich, dass wir bald eine für beide Seiten zufriedenstellende Vereinbarung treffen können, für Griechenland und für Europa als Ganzes", teilte Tsipras der Nachrichtenagentur Bloomberg deren Bericht zufolge in einer E-Mail mit.

Gespräche vor EU-Gipfel in Februar

Auf einer "Roadshow" führt der 40-jährige Chef der frisch gewählten Links-Rechts-Regierung diese Woche dazu Gespräche unter anderem in Frankreich und Italien sowie mit der EU-Kommission.

Die Gespräche dürften auch auf den geplanten EU-Gipfel und das nächste Treffen der Euro-Finanzminister Mitte Februar zielen. Ende des Monats läuft das zweite Hilfsprogramm für Griechenland aus. Einen Schuldenerlass, wie ihn der griechische Finanzminister Gianni Varoufakis will, lehnen die Euro-Partner ab. Laut Fokus macht Tsipras aber ernst. Er soll zur Vorbereitung des Schuldenschnitts bereits eine Investmentbank als Berater engagiert.

Alexis Tsipras und sein Kabinett in Griechenland
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Griechenland: Das ist das Kabinett in Athen

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Nach Einschätzung von Experten wird Athen aber weiterhin auf den Beistand der Euro-Partner angewiesen sein - vor allem die griechischen Banken könnten ohne einen komplexen Unterstützungsmechanismus der EZB Probleme bekommen. Notwendig wäre daher wohl eine Übergangsregelung bis zum Sommer. "Wir brauchen Zeit zum Atmen, um unser eigenes mittelfristiges Reformprogramm zu erarbeiten", sagte Tsipras der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Keine Besuch in Berlin

Berlin steht bisher nicht auf dem Reiseplan Tsipras'. Nach Angaben aus EU-Kreisen stimmt sich Juncker aber laufend mit der Bundesregierung ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich trotz des zunächst forschen Auftretens der neuen Athener Regierung versöhnlich. "Wir, also in Deutschland und die anderen europäischen Partner, warten jetzt erst einmal ab, mit welchem Konzept die neue griechische Regierung auf uns zukommen wird", sagte Merkel dem "Hamburger Abendblatt".

Wenn Reformanstrengungen unternommen würden, werde es "auch weiterhin Solidarität für Griechenland" geben, sagte die wegen des harten Sparkurses bei vielen Griechen unbeliebte Bundeskanzlerin und betonte: "Ich freue mich darauf, die Freundschaft unserer beiden Völker weiter stärken zu können."

Gleichzeitig sprach sich Merkel ebenso wie Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erneut gegen einen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland aus. Ein solcher Erlass gehört bisher zu den Forderungen von Tsipras' Regierung. Sie engagierte zur Vorbereitung die französische Investmentbank Lazard, die bereits an dem ersten Schuldenschnitt 2012 für private Gläubiger mitgewirkt hatte.

Gespräche mit Italien und Frankreich

Tsipras hat in den nächsten Tagen einen engen Terminplan. Er will am Mittwoch mit Juncker ebenso wie mit Frankreichs Staatspräsident François Hollande zusammenkommen. Zuvor reist er nach Zypern und Italien.

Juncker zeigt bisher Verständnis für Tsipras' sozialpolitische Initiativen. Eine Rückkehr der in Griechenland verhassten Troika aus EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) könne von der griechischen Öffentlichkeit als "Provokation" empfunden werden, hatte er betont. Einen Schuldenschnitt lehnt der EU-Spitzenpolitiker jedoch ebenfalls ab.

Auch der griechische Finanzminister Varoufakis plant Reisen nach Rom, London und Paris, um sich mit seinen Amtskollegen zu treffen. Am Sonntag will Varoufakis den französischen Finanzminister Michel Sapin und Wirtschaftsminister Emmanuel Macron. Für Montag steht ein Gespräch mit dem britischen Finanzminister George Osborne auf dem Programm, für Dienstag mit dem italienischen Kollegen Pier Carlo Padoan.

Ob Varoufakis für seinen Kurs von seinem französischen Amtskollegen Unterstützung erhält, ist allerdings fraglich. Sapin hat sich bereits gegen einen Schuldenschnitt für Griechenland ausgesprochen. "Wir können debattieren, etwas aufschieben oder erleichtern, aber wir werden nichts streichen", sagte Sapin am Sonntag im Fernsehsender Canal+.

Finanzminister Varoujakis sorgt für Eklat

Viel Zeit bleibt also der Regierung Tsipras' nicht, ein Kompromiss zu erzielen. Dennoch lies es sich der neue griechische Finanzminister Gianis Varoufakis nicht nehmen, die Zusammenarbeit mit der "Troika" der Spar-Kontrolleure aufzukündigen. Das angespannte Gespräsch zwichen Varoufakis und dem Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem hatte zu einem Eklat geführt.

In einem Interview mit dem Wochenmagazin "To Vima", das am Sonntag erschien, bekräftigte Varoufakis, die Gläubiger-Troika sei nicht dazu ermächtigt, über "Inhalt und Logik" des Hilfsprogramms zu diskutieren. Er wolle nicht, dass die Troika "ihre Zeit verliert".

Allerdings versuchte Tsipras in Telefonaten mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, die Wogen wieder etwas zu glätten. Das Gespräch mit Juncker sei freundschaftlich verlaufen, hieß es am Sonntag aus dem Umfeld des luxemburgischen Politikers.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte der "Welt am Sonntag", er habe Tsirpas "nachdrücklich ans Herz gelegt, verbal abzurüsten" und seine Angriffe auf Angela Merkel zu beenden. "Es mag bei manchen vielleicht gut ankommen, auf die Deutschen einzuprügeln, aber es ist auch kurzsichtig und bringt uns nicht weiter", sagte Schulz. Griechenland brauche die Hilfe der Bundesregierung. Wenn Tsipras aber glaube, er könne die Troika nach Hause schicken und die Europäer finanzierten ihm seine Wahlversprechen, habe er sich getäuscht.

(dpa)
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