Regierungsbildung in Griechenland Syriza verhandelt zuerst mit Rechtspopulisten

Noch in der Nacht hat Wahlsieger Alexis Tsipras den Griechen versprochen, den Sparkurs zu beenden. Allen Mahnungen der Geldgeber zum Trotz macht er nun Ernst und verhandelt mit der Partei der Unabhängigen Griechen über die Bildung einer Koalition.

 Ein Zeitungshändler in Athen. Der politische Umbruch ist Thema Nummer eins.

Ein Zeitungshändler in Athen. Der politische Umbruch ist Thema Nummer eins.

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Die klare Botschaft: Die Linkspartei Syriza will nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl in Griechenland die Regierungsbildung so rasch wie möglich abschließen.

Bereits am Montagvormittag trifft Parteichef Alexis Tsipras den Vorsitzenden der Partei der Unabhängigen Griechen, Panos Kammenos, zu Koalitionsgesprächen, wie ein Sprecher der Partei am Morgen mitteilte. Dabei soll es darum gehen, die Unterstützung oder mögliche Beteiligung der Partei an der neuen Regierung zu bestätigen.

Die rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen holten bei der Wahl 13 Parlamentssitze. Ihnen schwebt zwar wie Syriza ein Ende des strikten Sparkurses vor, doch bei praktisch allen anderen Themen liegen die beiden Parteien überkreuz.

Der Syriza-Vertreter erklärte zudem, Tsipras könnte noch am Montagabend als neuer Ministerpräsident vereidigt werden. Die Bildung der neuen Regierung könnte schon in den folgenden Tagen erfolgen.

Es wird in Athen erwartet, dass Staatschef Karolos Papoulias noch am Montag Tsipras offiziell ein Sondierungsmandat für die Bildung einer Regierung erteilt. Das Linksbündnis hätte dann drei Tage lang Zeit. Sollte Tsipras scheitern, geht das Mandat an die zweitstärkste politische Kraft, die Konservativen der Nea Dimokratia (ND), über.

Weil Syriza nach Auszählung von 99,5 Prozent der Stimmen eine absolute Mehrheit von 151 der 300 Sitze nur um zwei Mandate verfehlte, sucht die Partei zuerst nach einem Koalitionspartner.

Alexis Tsipras - selbsternannter Retter Griechenlands
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Außer den Unabhängigen Griechen signalisierte auch die Partei der politischen Mitte, To Potami (Der Fluss), Bereitschaft. Analysten schließen auch die Bildung einer Minderheitsregierung unter Tsipras nicht aus.

Nach der Griechenlandwahl wollen die Euro-Finanzminister noch an diesem Montag über den weiteren Weg des Krisenlandes sprechen. Konkrete Beschlüsse sind allerdings nicht geplant. Die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben Griechenland bislang mit Darlehen in Höhe von rund 240 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen. In der Eurogruppe wird über eine Verlängerung des griechischen Rettungsprogramms über den 28. Februar hinaus nachgedacht.

Syriza-Chef Tsipras hatte den Bürgern des hochverschuldeten Euro-Krisenlandes im Wahlkampf einen Schuldenschnitt und ein Ende der Sparmaßnahmen versprochen. Noch in der Wahlnacht signalisierte Tsipras den EU-Partnern Gesprächsbereitschaft für eine "gerechte und praktikable Lösung".

Nach dem Wahlsieg des Linksbündnisses fordern Politiker aus der Union und SPD die künftige griechische Regierung auf, die mit den internationalen Geldgebern geschlossenen Vereinbarungen einzuhalten. "Die Griechen müssen jetzt die Konsequenzen selber tragen und können sie nicht dem deutschen Steuerzahler aufbürden", sagte Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) der "Bild"-Zeitung.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte gegenüber unserer Redaktion Syriza zu neuen Reformen und zur Bekämpfung von Korruption und Vetternwirtschaft auf.

Linkspartei-Chefin Katja Kipping wertete den Wahlausgang in der "Bild-Zeitung" als "klare Absage an das Kürzungsdiktat, das eine soziale Katastrophe und volkswirtschaftlich unverantwortlich ist".

Als erste Börse reagierte die in Tokio mit Verlusten auf den Wahlsieg von Syriza. An der asiatischen Leitbörse sorgt man sich, dass die Linke die Sparmaßnahmen beenden will

Wie das mit dem griechischen Innenministerium zusammenarbeitende Meinungsforschungsinstitut Singular Logic am Montagmorgen nach Auszählung von 99,5 Prozent der Stimmen mitteilte, erhielt Syriza 36,4 Prozent (Juni 2012: 26,9) der Stimmen und voraussichtlich 149 der 300 Sitze im Parlament.

Die bislang regierenden Konservativen und Sozialisten brachen ein und müssen in die Opposition. Die Konservativen der Nea Dimokratia (ND) kamen auf 27,8 Prozent (Juni 2012: 29,7) und damit 76 Sitze. Der bisherige Junior-Koalitionspartner der Konservativen, die sozialistische Pasok bekam nur mehr 4,7 (Juni 2012: 12,3) Prozent und 13 Sitze.

Drittstärkste Kraft wurde demnach die rechtsextremistische Goldene Morgenröte mit 6,3 Prozent (Juni 2012: 6,9). Sie wird 17 Abgeordnete ins Parlament entsenden. Die vergangenes Jahr neu gegründete proeuropäische Partei To Potami (Der Fluss) kam auf 6 Prozent und 17 Abgeordnete. Den Einzug ins Parlament schafften auch die Kommunistische Partei KKE mit 5,5 Prozent (Juni 2012: 4,5) und 15 Abgeordneten sowie die rechtspopulistische Partei der Unabhängigen Griechen mit 4,7 Prozent (Juni 2012: 7,5) mit 13 Mandaten.

(dpa)
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