Menschenleben in Gefahr Griechenlands Gesundheitssystem vor dem Kollaps

Athen · Griechenlands Krise gefährdet Menschenleben: Das Gesundheitssystem bricht zusammen. In Krankenhäusern fehlen Medikamente, Medizin gibt es nur noch gegen Bares. In manchen Kliniken können Ärzte keine Operationen mehr durchführen. Apotheker richten einen Hilferuf an die EU-Task Force.

Die Armen von Athen
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Die Lage in den griechischen Krankenhäusern wird wegen der Finanzkrise immer dramatischer. Die größte Klinik in der nördlichen Hafenstadt Thessaloniki führt seit Tagen keine kardiologischen Untersuchungen und Operationen mehr durch.

Die Apotheker-Verbände wandten sich in einem Brief an den Chef der EU-Task Force für Griechenland, den deutschen Finanzexperten Horst Reichenbach, und baten dringend um Hilfe. Das Land brauche mindestens 1,5 Milliarden Euro für Medikamente und medizinisches Material.

"Meine Kollegen können keine Stent-Implantationen mehr durchführen", sagte ein Klinikarzt am Montag der Nachrichtenagentur dpa. Das Krankenhaus habe kein Geld mehr, um Stents (Gefäßstützen) zu kaufen. Die Staatsanwaltschaft in Thessaloniki ordnete eine Untersuchung an. Dabei soll festgestellt werden, inwiefern der Mangel an medizinischem Material Menschenleben gefährdet.

Einem Bericht von Welt Online zufolge ist mittlerweile das gesamte Land von der Systemkrise erfasst. Im Krankenhaus der mittelgriechischen Stadt Larisa fehle es an Toilettenpapier, in Serres an der bulgarischen Grenze an Kathetern. Angehörige seien gezwungen, die fehlenden Mittel in der Apotheke zu besorgen. In Heraklion auf Kreta können dem Bericht nach Wunden nicht mehr vorschriftsmäßig gereinigt werden, da es an Pharma-Alkohol und medizinischen Handschuhen mangelt.

Auf der Insel Chios müssen die Verwandten der Patienten selbst Gips kaufen, damit die Ärzte gebrochene Arme und Beine behandeln können, berichtete die Athener Zeitung "Ta Nea". In den Städten Serres und Larisa bekommen die Patienten ständig Hähnchen zu essen, weil die Direktion kein Geld für Fisch oder Kalbfleisch hat, berichteten andere Zeitungen.

Die Großhändler von Medikamenten und medizinischem Material beliefern die wichtigsten Krankenhäuser nur noch gegen Barzahlung. Auch hunderttausende Versicherte der größten Krankenkasse EOPYY müssen ihre Medikamente bar in den Apotheken bezahlen und sich anschließend mit der Quittung an die Krankenkasse wenden.

"Es ist mehr als dringend notwendig, dass die Krankenkasse EOPYY mit 1,5 Milliarden Euro unterstützt wird. Das Gesundheitssystem bricht zusammen", warnen die Apothekerverbände des Landes in ihrem Apell an die EU-Task Force. Der Brief lag der Nachrichtenagentur dpa vor. Die 45-köpfige Task Force unterstützt den griechischen Staat beim Aufbau einer funktionierenden Verwaltung.

In Griechenland sind die Staatskassen fast leer. Eine handlungsfähige Regierung gibt es seit der Parlamentswahl im Mai nicht. Deshalb wird am 17. Juni erneut gewählt.

(dpa)
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